Die heilige Barbara, Patronin der Sterbenden

Rotary-Club übernahm im Oktober 2005 die Restauration des über 300 Jahre alten Barbara-Gemäldes in der Spitalkirche Vilsbiburg.
Die heilige Barbara ist die Patronin der Sterbenden, daher sind ihr auch Friedhofskapellen geweiht. Speziell in Spitalkirchen werden die heilige Katharina, der „Seelenwäger“ St. Michael, die hl. Barbara und der Hl. Geist in der Darstellung der Hl. Dreifaltigkeit verehrt.
In früher Zeit waren in der Vilsbiburger Spitalkirche vier Altäre, die den Heiligen: Katharina, Barbara, Georg und Michael geweiht waren. Vom Barbaraaltar aus dem Jahr 1686 ist noch ein schönes Gemälde vorhanden. Dargestellt ist die hl. Barbara angefleht von Sterbenden, sie bitten um eine gute Sterbestunde. Nach der Sanierung der Spitalkirche im Jahr 2002 kam das Gemälde an die Wand, an welcher vor über 300 Jahren der Barbaraaltar mit diesem Gemälde stand. Der Zahn der Zeit hat auf dem in Öl, auf Leinwand gemaltem Bild seine Spuren hinterlassen. Der Vilsbiburger Restaurator Michael Brüggemann hat das Bild restauriert, der Rotary-Club Vilsbiburg übernahm die Kosten.
Die Barbaramesse
Zu einer der ältesten Messen in der Vilsbiburger Spitalkirche neben dem Stadtturm, gehörte die Barbaramesse. Im „Registrum caritativi subsidii“ vom Jahr 1438 werden die drei Geistlichen der Pfarrkirche, aber auch die beiden Kapläne der Spitalkirche genannt. Einer zelebriert die hl. Messe auf dem Altar der hl. Katharina und gibt jährlich 20 Groschen an den Bischof, der zweite Kaplan ist der des Ulrich Rogler mit Namen Heinrich. Da es zur Barbaramesse keine Stiftungsurkunde gibt, kann davon ausgegangen werden, dass die Barbaramesse die des Geistlichen Ulrich Rogler ist. Der erste Kaplan hat die Stiftungs-Katharinenmesse von den Adeligen Hackh von Haarbach (herzogliche Amtmänner in Vilsbiburg), der Kaplan Heinrich aber die zweite Messe des Ulrich Rogler, die Barbaramesse. In den weiteren Jahren erscheint immer wieder diese Barbaramesse als „Westendorfermesse“, auch verständlich, da Ulrich Rogler „oberster Kaplan des Herzogs auf der Burg in Landshut“ der Bruder der Dorothea Westendorfer war, und später die beiden Messen zusammengelegt wurden. Dorothea Westendorfer, die Mutter des Vilsbiburger Spitalstifters Caspar Westendorfer, stiftete nach der „Fundationsurkunde“ am 1. April 1456 „…auf den Georgsaltar in der Sanct Cathrein Capeln zu Vilsbiburg“ eine heilige Messe mit Benefizium, dem Haus für den dazu angestellten Geistlichen. In der 17-seitigen Stiftungsurkunde werden nun schon im Jahr 1456 drei Messen und die dazugehörigen Altäre in der Spitalkirche genannt: Katharina-, Barbara- und nunmehr die Georgsmesse auf dem Georgsaltar.
Bei den Spitalurkunden die sich im Vilsbiburger Museumsarchiv befinden, ist eine Verbriefung vom 3. Juli 1419. Hierbei kauft der Geistliche Ulrich Rogler, Chorherr zu Mêlnik (Mêlnik, Stadt in Tschechien nördlich von Prag) um 110 Gulden vom Adligen Michael Geratspeunter und seiner Frau Dorothea den Zehent einer zwei Tagwerk großen Wiese bei Geratspoint und den großen und kleinen Zehent aus 14 Häusern in Wasenhaarbach, Schnedenhaarbach und Holzhausen. Vielleicht hat Rogler diese Zehentabgabe aus den genannten Häusern für den Unterhalt der Barbaramesse in der Spitalkirche gekauft? Am 4. Juli 1435 stiftet Rogler das Benefizium zum hl. Jakobus mit einer täglichen Messe, auf den Altar in der St. Johannes-Kapelle in die Vilsbiburger Pfarrkirche.
Herzog Ludwig der Reiche von Landshut bestätigt nach fast einem Jahr die Stiftung des neuen Vilsbiburger Spitales durch Pfarrer Caspar Westendorfer, am 28. November 1477. Der Herzog konfirmiert und bestätigt ein solches Vorhaben zusammen mit dem Wechsel beider hl. Messen, „so der genannte Caspar Westendorfer und Christoph Hackh (zu Haarbach) den genannten armen Leuten zur guten Tat miteinander getan haben.“ Dies kann eigentlich nur die Katharinenmesse und die Georgsmesse sein, die von den Hackh und Westendorfer nun an den Rat des Marktes Vilsbiburg gehen, wie es in der Fundationsurkunde der Westendorfermesse geschrieben steht. Der Spitalkaplan für die Messen in der Spitalkirche wird nach den Visitationsprotokollen von 1508 und 1526 von den Bürgern bezahlt, die Rechnungen nimmt 1559 der Kammerer und Rat des Marktes auf. Beim Barbaraamt im Spital wird der Westendorfer-Rogler-Jahrtag mitgehalten. Die Messe auf dem Georgs- und Katharinenaltar wird 1573 die „Westendorfermesse“ genannt. Fast 200 Jahre wird in den Archivalien nichts mehr von einer Barbaramesse berichtet. Nach dem Dreißigjährigen Krieg, musste man sich an die alten Messen erinnert haben. In der Regensburger Bistumsbeschreibung des Jahres 1665 wird die Filialkirche zur Hl. Dreifaltigkeit im Spital mit vier Altären genannt. Als vierter Altar wird der Barbaraaltar genannt, auf welchem ein Benefizium mit Benefiziatenhaus gestiftet ist.
Ein neuer Barbaraaltar 1686
Im Bischöflichen Archiv in Regensburg befindet sich bei den Pfarrakten Vilsbiburg, Signatur 96, der Schriftverkehr zum Vorgang der „Transferierung“ des alten Michaelialtares von der Empore der Spitalkirche, herab auf den Barbara-Seitenaltar. Dies war von Nöten, da sich der Geistliche bei der Michaelimesse immer über das Geländer der Empore beugen musste, damit die im unteren Kirchenraum sich befindlichen Gläubigen die Messe mitverfolgen konnten. In einem Schreiben des Rates des Churfürstlichen Marktes Vilsbiburg vom 30. August 1685 an den Bischof von Regensburg, wird der Barbara-Seitenaltar als gänzlich alt und unbrauchbar beschrieben. Der Altar hat keinen Altaraufbau mehr und auch kein Altarbild. An der Wand über dem Altar befindet sich ein „Unserer Lieben Frauen Bildnis“ (= Mutter Gottes-Darstellung). „Es ist von Nöten, auf selbigen Altar, ohne einen neuen Altar aufzurichten, vermittels dieser Gelegenheit, den St. Michael mit der hl. Messe, zum Barbaraaltar herabzusetzen.“ Die Antwort des Bischofs kommt am 17. September 1685. Es erfolgt im Brief die Nachfrage, wie oft auf dem Barbara-Seitenaltar eigentlich eine Messe gelesen wird; vielleicht ist es besser gleich einen neuen Altar für den hl. Michael und die Barbara zu errichten? Der Vilsbiburger Pfarrer und Vikar Pater Bernhard Hindershueber schreibt am 9. Februar 1686 an den Bischof zurück: „Hl. Gottshaus, Spitalkirchen betreffend im Chor und Empore befindlichen Michaelialtar: Der Priester muss sich bei der Michaelimesse vom Chor über das Emporegeländer herablehnen, damit ihn die Leute bei seinen Ausführungen verstehen können. Am Barbaraaltar befindet sich kein Bildnis der hl. Barbara, sondern ein an die Wand gehöriges Bild, darauf Sanctae Mariae Assumptae gemalt ist. Die Kirche hatte bisher kein Vermögen für einen neuen Altar. Durch eine solche Altaraufrichtung bekommt die Kirche keinen Schaden, sondern mehr Nutzen und Förderung. Nur am Michaelialtar wird eine Messe gehalten, dagegen am Barbaratag keine Messe auf dem Barbaraaltar gelesen wird.“ Pater Bernhard befürwortet die Transferierung des Michaelialtares vom Chor herab auf den Barbara-Seitenaltar wegen der göttlichen Ehre und allgemeiner Andacht.
Der Rat von Vilsbiburg hat nun auch ein neues Altarmodell für einen gemeinsamen Michael- und Barbaraaltar in einer Zeichnung vorgeschlagen. Am 18. Januar 1686 erteilt das herzogliche Sekretariat in Landshut die Genehmigung zur Errichtung eines neuen Barbara-Seitenaltares in der Spitalkirche. Die Michaelimesse soll dabei auf den Barbaraaltar transferiert werden. Der neue barocke Altar soll der hl. Barbara geweiht sein, aber auch Stilelemente des Michaelialtares enthalten. In den Regensburger Archivunterlagen, Signatur Nr. 96 und im Museumsarchiv Vilsbiburg befindet sich der Riß, die Farbzeichnung eines Entwurfes des Altaraufbaues vom Vilsbiburger Schreiner Thomas Hueber „zum Barbara-Seitenaltar 1686“. Der neue Altar soll 14 Schuh hoch (1 Schuh ist ca. 30 cm) und 7 Schuh breit werden.
Das Barbara-Gemälde
Als Altargemälde ist eine Malerei in Öl zu Ehren der hl. Barbara vorgesehen. Franz Joseph Geiger, Hofmaler von Landshut, reicht 1686 einen seitenverkehrt gezeichneten Entwurf (Visier) ein „…zum löblichen hl. Geist Gottshaus, ein Blatt für das Bildnis S: Barbara.“ Das Gemälde wird 6 œ Schuh hoch und 4 Schuh breit und soll 37 Gulden kosten. Die Schreinerarbeiten am neuen Altar gehen an den Vilsbiburger Thomas Hueber, der 1686 für seine Arbeit 40 fl (= Gulden) bekommt. Der Bildhauer Mathias Ney von Landshut wurde mit den Arbeiten eines hl. Michael, mit einer Höhe von 4 Schuh (ca: 1,20 m), zwei „Tag Engel“, drei Engelsköpfe und zwei Überbauten „Prukhn an der Seite“ beauftragt, wofür er 24 fl bekam. Am Altar arbeitet auch der Vilsbiburger Maler Caspar Fridtl, der 1687 für reichliche Maler-, Faß-, und Vergoldarbeiten, dazu für den Malergesellen mit dem Trinkgeld 70 Gulden 30 Kreuzer ausbezahlt bekommt. (Der Maler Caspar Fridtl von Baumburg erhält 1681 das Vilsbiburger Bürgerrecht. 1692 heiratet der Maler Mathias Hämberger von Vilsbiburg die Malerwitwe des Caspar Fridtl). Aus dem Betrag von 70 Gulden für die Malerarbeiten erkennt man schon die Aufwendungen an guter Arbeit und dem aufgebrachten Gold, welches sich im Preis niederschlug. 30 Gulden bekommt der Landshuter Hofmaler Franz Joseph Geiger für das Gemälde, darstellend die hl. Barbara die von armen Leuten flehentlich angerufen wird.
Der Hofmaler Franz Joseph Geiger begegnet uns als Maler auch in der Klosterkirche von Seligental in Landshut. Die Zisterzienserinnen beauftragten ihn mit einem Gemälde in ihrer Klosterkirche. Auf der Gegenseite im südlichen Querschiff der Kirche befindet sich der hl. Viktor-Altar. Das Altarblatt, eine Darstellung des Martyriums des hl. Viktor gehörte noch zur Ausstattung der alten Kirche, er signiert dieses Gemälde im Jahr 1677. Wegen seiner einzigartigen Wandbilder aus der Spät-Renaissance war der Fürstenbau, auf der am 21. Oktober 1961 ausgebrannten Landshuter Burg Trausnitz von unschätzbarem Wert. Die Wandmalereien aus dem Jahr 1679, die vier Elemente darstellend, sowie auch die Malereien im ausgebrannten Erkerzimmer der Herzogin, mit Bildern aus der Joseflegende stammen vom Hofmaler Franz Geiger. So hatten die Geigers im Landshuter Herzogshause einen sehr guten Arbeitgeber. Für die Pfarrkirche St. Peter in Altheim bei Landshut malt Franz Geiger, Hofmaler in Landshut, 1672 das Altarblatt für den Hochaltar: Christus überreicht dem hl. Petrus die Schlüssel. Das Altarbild im Hochaltar der Basilika Niederaltaich wird gekrönt von einer Auferstehungsszene. Die Darstellung selbst bezeichnet das Martyrium des heiligen Mauritius und seiner Gefährten. Mauritius ist der Kirchenpatron von Niederaltaich. Der Landshuter Maler Franz Geiger hat das Gemälde geschaffen, den Hochaltar fertigte Jakob Schöpf 1675. Der 1691 verstorbene Franz Geiger ist bei der Kirche St. Jodok in Landshut, ebenso der Bildhauer Matthias Neu, gestorben 1704.
Trotz der Größe des neuen Barbaragemäldes von ca. 180×120 cm trug der Vilsbiburger Gerichtsbote Friedrich Schünerl das Gemälde für 15 Kreuzer zu Fuß von Landshut heraus. Am 6. Oktober 1686 schreibt der Landshuter Hofmaler Franz Joseph Geiger den Rechnungszettel über die abgeschlossenen Malerarbeiten am Barbaragemälde. Nach Abschluss der Arbeiten am Barbaraaltar, wurde vom Vilsbiburger Bürgermeister und gleichzeitigen Spitalverwalter Vinzenz Gaibinger laut Rechnungszettel die beteiligten Handwerker ausbezahlt. Nicht nur ein neuer Barbaraaltar wurde in der Spitalkirche aufgestellt, bei der Weihe des Hochaltares am 15. August 1695 wurden Reliquien der hl. Katharina und der hl. Barbara in den Altar eingelassen.

Die Bistumsmatrikel von 1723/24 nennt den Seitenaltar in der Spitalkirche, welcher unter dem Schutz der hl. Barbara steht. Auf dem Hochaltar wird Montag, Mittwoch und Freitag eine gestiftete Messe gelesen. Die Matrikel des Jahres 1838 nennt die Spitalkirche im Markt. Gottesdienste sind am Patronatstag der hl. Katharina, am Kirchweihtag den 4. Sonntag nach Ostern, Sonntag vor Michaeli und am Fest der hl. Barbara. Das Benefizium St. Georg und St. Katharina, gehörig zur Westendorfermesse, wird genannt. Matrikel 1860: hl. Messen an Katharina, Michael und Barbara. Ein Amt wird am Tag der hl. Barbara gehalten, welcher ein Nebenaltar geweiht ist.
Die Regotisierung
In den Jahren 1860/64 wurde die Spitalkirche unter Pfarrer Dr. Joseph Neumayer einer größeren Restaurierung unterzogen. Im Jahr 1863 wird der aus der Maria Hilfkirche stammende, von dort 1842 in die Spitalkirche übertragene „schöne und reiche [Hoch-]Altar“ abgebrochen, aber auch der Barbara/Michaeli-Nebenaltar. Fast die gesamte bisherige Einrichtung wird durch eine neue neugotische Ausstattung ersetzt. Am 12. Dezember 1861 geht ein Schreiben an den Bildhauer Johann Nepomuk Petz von München, dass die neue Kanzel an die Stelle des Barbara/Michaelialtares kommt, welcher ganz entfernt wird. Fast 200 Jahre war nun dieser Barbaraaltar als Nebenaltar in der Spitalkirche. Das Barbarabild „Anrufung der hl. Barbara“ kam in das Spitalgebäude und wurde dort im Flur des 1. Obergeschoßes platziert. In Erinnerung an die gestifteten hl. Messen wurden am 23. März 1864 zwei seitliche Chorfenster vom Glasmaler Kaspar Böhm, München, mit den Darstellungen der hl. Barbara und der hl. Katharina in der Spitalkirche eingesetzt. Matrikel 1916: hl. Messen an Michaeli, Katharina und am 4. Dezember dem Namenstag der hl. Barbara. Matrikel 1997: Messe am Hl. Dreifaltigkeitssonntag und am Katharinatag. Nach der Grundsanierung der Spitalkirche im Jahr 2002 kam das Barbaragemälde an seinen angestammten Platz, wo früher der Barbaraaltar stand.
Die „Verjüngungskur“ durch den Restaurator hat dem Gemälde ein leuchtend schönes Aussehen gegeben. Sitzend auf einer Wolke wird Barbara – die zu den vierzehn Nothelfern zählt – um eine gute Sterbestunde angefleht. Im vornehm gegürteten Kleid, hermelinbesetztem „Schutzmantel“ und den Attributen Kelch mit Hostie, Straußenfeder und Turm, setzt der Landshuter Hofmaler Franz Joseph Geiger gekonnt die Kunst der barocken Malerei im historischen Kontext zum mildtätig anmutenden Gesichtausdruck von Barbara, zu den flehenden geprägten Gesichtern des Elternpaares, wobei der Vater den sterbenden Sohn in den Armen hält, die Mutter flehend und betend die Hoffnung auf Barbara lenkt.
An der Seitenwand neben dem Gemälde ist eine Dokumentation der Historie von Altar und Bild angebracht. Für alle, die sich für die Geschichte ihrer Heimatstadt interessieren ist diese Abhandlung über die Geschichte der Barbaramesse, letztendlich aber das restaurierte Barbarabild sicherlich ein Grund das Vilsbiburger Heimatmuseum mit der Spitalkirche zu besuchen. Neben den vielen karitativen Elementen sorgen die Rotarier mit dieser Restaurierung des Barbara-Gemäldes im Oktober 2005 dafür, dass das wertvolle Gut unserer Väter, das kulturelle Erbe, ihnen eine Verpflichtung ist, nicht der Vergessenheit und dem Verfall ausgeliefert zu sein.

Peter Käser   26. Oktober 2005