Ein tiefer Blick in die gnadenreiche Zeit

Heimatmuseum zeigt eine neue Sonderausstellung ?Zwischen Advent und Lichtmess?

 

Vilsbiburg. ?Die stillste Zeit im Jahr ? immer wenn es Weihnacht wird?. So beginnt ein textlich wie musikalisch sehr stimmungsvoller Gesang von Norbert Wallner (1907 ? 1976), der des Öfteren in unserer Region erklingt. Die so genannte staade Zeit ist schon zu einem Standard-Begriff geworden. Aus der Erfahrung und dem jährlichen Erleben wissen wir jedoch, dass es sich in der Praxis durchaus anders verhalten kann. Viele Menschen nehmen sich zwar immer wieder vor, die Advent- und Weihnachtszeit heuer erstmals einmal ruhig und besinnlich zu gestalten und werden dann doch regelmäßig fortgerissen von der Flut der Werbebotschaften, von Glühweinseligkeit und selbst auferlegten Verpflichtungen. Um der Hektik unserer Tage zu entkommen, hilft vielleicht  wirklich nur der Blick in den Spiegel der Geschichte, mit dem die gnadenreiche Zeit zwischen Advent und Lichtmess gelassener angehen kann. Das Heimatmuseum macht mit seiner neuen Sonderausstellung dazu ein überzeugendes Angebot.

 

Weihnachten ist mit Ostern und Pfingsten eines der drei Hauptfeste des Kirchenjahres. Es steht ziemlich mittig zwischen dem ersten Advent, der das Kirchenjahr neu beginnen lässt und gleichzeitig eine vorweihnachtliche Buß- und Fastenzeit einläutet und dem Fest Mariä Lichtmess. Dieser früher eher düstere Abschnitt des Advent erfährt mit der ersten Vesper am Heiligen Abend einen glanzvollen Wandel zu einer weihnachtlichen Freudenzeit. Sie endet in der römisch-katholischen Kirche mit dem Fest der Taufe Jesu am Sonntag nach der Erscheinung des Herren. Dieser 6. Januar ist auch als Epiphaniastag oder landläufig als Dreikönigsfest bekannt. Vor der Liturgiereform von 1963 erstreckte sich der Weihnachtsfestkreis bis zum Fest der Darstellung des Herrn am 2. Februar, umgangssprachlich auch Mariä Lichtmess genannt. Nach jüdischer Vorschrift galt eine Frau nach der Geburt eines Knaben 40 Tage lang als unrein und hatte danach als Reinigungsgabe dem Priester ein Tieropfer zu übergeben. Zudem wurde der erstgeborene Sohn als Eigentum Gottes angesehen und ihm im Tempel übergeben (?dargestellt?), wo er durch eine Geldspende auszulösen war.

 

Vom Adventskalender bis zum Wachsstöckl

 

Wie Museumsleiter Lambert Grasmann erläutert, ist es in den zur Verfügung stehenden Vitrinen und Ausstellungsflächen natürlich nicht möglich, alle Facetten dieser geheimnisvollen Zeit  darzustellen. Dennoch hat er mit dem Museumsteam und unter tätiger Mithilfe von Barbara Wimmer ein breites Spektrum weihnachtlichen Brauchwesens im Vilsbiburg Land zusammen getragen. Es beginnt mit Weihnachtsdarstellungen in der Volkskunst. Stellvertretend dafür stehen Klosterarbeiten, Adventskalender, Messbücher, Fatschenkinder, Wachsbilder und Eingerichte. Ein wertvoller Hausaltar zeigt die Szene, als der Engel Gabriel Maria die Geburt ihres Sohnes ankündigte. Erinnert wird auch an die Roratemessen, die früher mancherorts an allen Werktagen in der Adventszeit gefeiert wurden. Gerade in der zweiten Hälfte dieser Vorbereitungszeit ist es vielen Menschen ein Anliegen, Weihnachtsgrüße an Freunde und Verwandte zu senden. Das Museum zeigt eine Auswahl aus verschiedenen Epochen.

 

Einen größtenteils weltlichen Anstrich haben die vielen Weihnachts- und Christbaumfeiern in Vereinen und Firmen. Hier können sich viele Museumsbesucher oder bekannte Personen in geselliger Runde vor Jahren und Jahrzehnten wiedersehen. Fehlen dürfen natürlich auch nicht die zahlreichen Adventsingen und Krippenspiele. Zur historischen Vollständigkeit gehört es auch, die besondere Ausprägung der Weihnacht in der NS-Zeit zu behandeln. Damals gab es Versuche, das Fest von seinen christlichen Traditionen zu entkoppeln und mit einem Julfest an germanische Wurzeln anzuknüpfen.  

 

Seinem Höhepunkt strebt der Weihnachtsfestkreis mit dem Heiligen Abend zu. Auch in der Ausstellung nimmt das Geschehen an diesem und den folgenden Tagen eine zentrale Stellung ein. Hierfür stehen Krippendarstellungen, Dokumente aus dem legendären Album von Christoph Lechner sowie eine große Wachsfigurengruppe. Interessant mag auch sein, in der Speiseordnung des Heilig-Geist-Spitals nachzulesen, welches Festmahl die Pfründner beispielsweise an Weihnachten des Jahres1692 aufgetischt bekamen. Jedoch nicht jedes Weihnachtsfest war anheimelnd und dank üppiger Speisen auch nahrhaft. Gerade im kriegerischen 20. Jahrhundert waren viele Männer gezwungen, die geweihte Nacht fern ihrer Familien bei Eis und Schnee in irgendwelchen Schützengräben zu verbringen. Besonders belastend dürfte diese Situation für die 6. Armee von General Friedrich Paulus, die just an Weihnachten 1942 in Stalingrad eingekesselt war. Russische Weihnachtsflugblätter, von denen eines in der Ausstellung zu sehen ist, wurden dazu eingesetzt, die Moral der deutschen Soldaten zusätzlich zu untergraben. Abgerundet wird der traditionelle Weihnachtsfestkreis durch Wachsstöckl, wie sie an Mariä Lichtmess verschenkt wurden. Zeitungsanzeigen und Arbeitsbücher erinnern daran wie sich um diesen Tag herum die ländlichen Dienstboten neue Bauern suchten.

 

Festliche Musik an Weihnachten

 

Weitgehend unbekannt ist ein weiteres Kapitel der Sonderschau, das sich mit der Kirchenmusik befasst. In vielen Orten unserer Heimat stellten so genannte Türmer und Spielleute ihre Dienste zur Verfügung. Wie der Vilsbiburger Türmer und seine Gesellen das Land bereiste und zu verschiedenen kirchlichen und weltlichen Anlässen musizierte, kamen jedes Jahr zahlreich Gruppen von Musikern nach Vilsbiburg, um insbesondere die Advents- und Weihnachtszeit zu gestalten. Lambert Grasmann hat die zahlreichen Herkunftsorte herausgefunden und wird sie in der Ausstellung dokumentieren.

 

Alles in allem kündigt sich hier eine Ausstellung an, die das heimische Brauchwesen rund um das wohl populärste kirchliche Fest sehr anschaulich behandelt, in der die älteren Besucher an die an ferne Kindertage erinnert werden und den jüngeren vermittelt wird, dass Weihnachten einst mehr war und auch mehr sein sollte als eine Konsumorgie. Die interessierten Heimatfreunde sollten ihre Visite im Museum jedoch nicht auf die lange Bank schieben; denn die Sonderschau ist nur rund acht Wochen lang aufgestellt.

 

Info:

Die neue Sonderausstellung ist im Heimatmuseum erstmals am 8. Dezember (Nikolausmarkt) zwischen 14 und 16 Uhr zu sehen. Danach gelten bis zum 3. Februar die üblichen Öffnungszeiten: Sonntag 10 bis 12 Uhr, Mittwoch, 14 bis 16 Uhr sowie am ersten Wochenende eines Monats zusätzlich Samstag und Sonntag jeweils von 14 bis 16 Uhr. Termine für Sonderführungen nimmt Museumsleiter Lambert Grasmann unter der Telefon-Nummer 08741/7828 entgegen.

 

Auf dem Titelbild der Faltblätter und Plakate steht eine alte Papierkrippe aus der Spitalkirche als Symbol für die Weihnachtsausstellung.
Dieser Weihnachtsstern mit Glockenspiel ließ früher die Kinderherzen höher schlagen. (Foto: Archiv Heimatmuseum Vilsbiburg)