Vilsbiburg. Es gibt viele interessante Darstellungen im Vilsbiburger Heimatmuseum zu betrachten. Man denke nur an Schleich und Kremplsetzer, Orelli und Pater Viktrizius, die jeweils in ihrem speziellen Bereich Hervorragendes geleistet haben. Doch auf einem der Bilder lastet ein besonderer Mythos. Dieser hat sogar dazu geführt, dass sich die Magdalenerinnen vom Kloster Seyboldsdorf von dem wertvollen Gemälde trennten. Sie fühlten sich von den stechenden Augen des Johann Franz Xaver Cajetan Anton Georg Adam Graf von und zu Freyen-Seyboldsdorff verfolgt. Für das Vilsbiburger Heimatmuseum war dies ein glücklicher Umstand.

 

Der Adelige ist auf dem Porträt im Alter von erst 28 Jahren dargestellt. Dennoch war er schon im hohen Rang ausgezeichnet, mit dem gestickten Stern des Großmeisters des adeligen Ritterordens vom Hl. Michael. Diese Verleihung könnte dann auch der Grund gewesen sein, sich im Bild malen zu lassen. Der junge Graf war Fürstlicher Kämmerer und Regierungsrat in Landshut und saß kurz vor seinem 29. Geburtstag vor der Staffelei des Landshuter Malers Wolfgang Simon Gröz. Der Herr auf Hörgertshausen und Mauern, Deutenkofen, Göttlkofen, Lichtenhaag, Vilssattling und Leberskirchen, auf Ober- und Niederaichbach schaut erhobenen Hauptes mit stechenden und glänzenden Augen auf den Betrachter. In modischer barocker Kleidung des Jahres 1739, mit blauem Rock, den gold verzierten Ärmelstulpen, blauer Schärpe und weißer Perücke konnte der noch ledige Franz Cajetan auch auf Brautschau gehen; denn 1741 heiratet er Eleonora von Haacke. Der Künstler hatte sich bei der Porträtierung 1739 etwas Besonderes einfallen lassen, das einen nachhaltigen Mythos über das Gemälde legte. Eine spezielle Technik und der gewölbt Untergrund sorgen dafür, dass der Aristokrat mit den Museumsbesuchern bereits im Gewölbegang Blickkontakt aufnimmt und sie bis in den ersten Raum der Sonderausstellung hinein verfolgt. Und wie wir aus den Seyboldsdorfer Nachkriegsgeschichte wissen, geschieht dies keineswegs nur bei jungen Damen:

Hunderte genossen die Stadtrundgänge zu den historischen Orten des Genusses.
Eine Gruppe am Tag des offenen Denkmals vor einem historischen Gebäude am Stadtplatz. Schon 1751 gab es hier die Gastwirtschaft Wurze. Im Jahr 1874 wird ein Martin Schmeisser als Besitzer einer Tafernwirtschaft genannt. Die beliebte Weinstube wurde 1950 geschlossen.  
 

Als Ort des Genusses hat der Sattler Michael Dauer die Situation an seiner Hauswand in der Judengasse, dem heutigen Löchl, ganz offensichtlich nicht empfunden.  Sechs Meter lang und knapp zwei Meter breit türmte sich ein Misthaufen bis unter die Fenster seiner Wohnung auf, weshalb es in den Räumen fürchterlich stank. So zog Daller im Jahr 1646 gegen seinen Nachbarn, den Bierbrauer Michael Döbl vor Gericht. Dieses ordnete einen Ortstermin an, bei dem der Beklagte auf ein seit hundert Jahren verbrieftes Recht verwies, an dieser Stelle den Dung aus seinen Ställen zu lagern. Außerdem sei in der Gasse wegen der Braustädel der Vilsbiburger Biersieder kein anderer Platz. Das Gericht entschied salomonisch: Döbl solle den Mist nicht so hoch aufhäufen, sondern öfters abfahren und ihn in der Zwischenzeit abdecken.

 

Dieser mehr als 360 Jahre zurückliegende Rechtsstreit, zu dem es einen sehr anschaulich gezeichneten Lageplan mit dem „corpus delicti" im Mittelpunkt gibt, vermittelte am Tag des offenen Denkmals einen von vielen spannenden Einblicken in das Leben im alten Vilsbiburg. Fast 400 Interessierte hatten sich zu den sechs Stadführungen eingefunden, die von Lambert Grasmann, Peter Käser und Peter Barteit durchgeführt wurden. Dabei war das Erstaunen groß über das enorme gastronomische Angebot einer Stadt, die von den Landshuter Herzögen planmäßig ‚ als Durchgangsstation auf dem Weg nach Burghausen gegründet wurde.

 

16 Bierbrauer in Visbiburg

Da wurde von Ställen für die Pferde berichtet und von Übernachtungsmöglichkeiten für die Reisenden. Wobei die Fuhrleute, was Hunger und Durst anbelangt, ihren Zugtieren in nichts nachstehen wollten. Aber auch die Vilsbiburger Bürgerschaft wusste den Gerstensaft sehr wohl zu schätzen und konnte ihre Gemütlichkeit schnell verlieren, wenn sie nicht mit genügend Bier versorgt wurde.

 

Das war beispielsweise im Oktober 1723 der Fall und laut Ratproto­koll gingen die Bierbrauer wegendieses Vergehens in Arrest. Dieser Lieferengpass verwundert ein wenig, gab es doch zu dieser Zeit noch mindestens zwölf Brauer am Ort; 100 Jahre vorher waren es gar 16 gewesen. Allerdings besaßen nur fünf von ihnen ein eigenes Brauhaus, neun Biersieder nutzten jeweils zu dritt einen Braustadel und weitere zwei betrieben zusammen eine „Kommunbrauerei".

 

Dieses gemeinschaftliche Biersieden wurde von Herzog Wilhelm von Bayern im Jahr 1513 eingeführt. Bis dahin hatte es nur einen Bierbrauer in Vilsbiburg gegeben. Das war der Verwalter in der herzoglichen Taverne im Unteren Vormarkt, dem heutigen Gasthof Schöx. Als der Herzog auf Bitten von Bürgermeister und Rat allen Bürgern von Vilsbiburg das Bierbrauen erlaubte, schränkte er, wohl wegen der Brandgefahr gleichzeitig ein, dass nur Braustadel nahe der Vils benutzt werden dürfen.

 

Auch sonst erfuhren die Teilnehmer der Stadtrundgänge viele unbekannte Details über die Orte des Genusses im alten Vilsbiburg. Dass beispielsweise im Anwesen Hammer am Stadtplatz in den 1890er-Jahren eine Weißbierbrauerei Zach ansässig war,verwunderte ebenso wie die Existenz des Federbräu um 1860 im Hause Mertel oder der Winklerbräu in der heutigen Sparkasse. „Jagab es denn früher in Vilsbiburg in jedem zweiten Haus eine Brauerei oder Gastwirtschaft?“, fragten die Teilnehmer ganz erstaunt. Die Experten des Heimatvereins konnten diese Frage nur bejahen.

 

Der „Blutsturz" des Bankiers

Geschichte und Geschichten lau­fen gerade im Bereich der Gastrono­mie immer wieder stark ineinander. So informierte man bei den Führun­gen von den Alten Bieren ebenso wie vom winterlichen Eisen auf der Vils. Auch wurden die Anekdoten rund um die Huber Hanna vom Bräu und eine aufschlussreiche Schilderung der Maria Außermeier nicht verschwiegen. Letztere hatte zu Lebzeiten erzählt, dass um 1900 in ihremElternhaus beim Schmiedwirt am Oberen Vormarkt die durchreisenden Handwerksburschen nur nackt ins Bett schlüpfen durften. Anlass für diese Maßnahme waren nicht etwa besonders lockere Sitten in der Tafernwirtschaft, sondern die verlauste und verwanzte Kleidung der Gäste.

 

Und gleich neben dem Schmied­wirt befand sich das Cafe Vogt (heu­te Konrad). Hier feierte man an Sil­vester 1909 fröhlich den Jahres­wechsel. Mit dabei auch Sanitätsrat Dr. Kastl und Bankier Xaver Hardt, dem an diesem Abend besonders der Rotwein mundete. Spät in der Nacht läutete dessen Haushälterin bei dem Arzt und berichtete schreckensbleich, ihr Chef habe einen Blutsturz erlitten. Mit wehenden Rockschößen eilte der Doktor in das Haus am Marktplatz 1. Dort fand er den Pati­enten aber keineswegs mit dem Tode ringend vor. Vielmehr hatte sich nur der überflüssige Rebensaft ein na­türliches Ventil gesucht.

 

Die vom Lehrer Richard Hagn in Versform überlieferte Begebenheit zeigt: Auch wenn besonders in der Gastronomie der Wandel das einzig Beständige ist, bleiben gewisse Abläufe doch über die Jahrhunderte hinweg immer gleich.

 

Peter Barteit

aus der Vilsbiburger Zeitung vom 17. September 2009

Das Meth-HäusI bei der Wallfahrtskirche wurde vor 175 Jahren errichtet

Das Meth-Häusl bei der Wallfahrtskirche wurde vor 175 Jahren errichtet
Vilsbiburg. Es gehört zur Berg­kirche wie die beiden Glockentür­me, das „Meth-HäusI" am rechten Treppenaufgang zur Kirche. Wenn es auch seit 2008 geschlossen ist, so gehört es untrennbar zum Gesamt­bild der Wallfahrtskirche Maria Hilf in Vilsbiburg. In seiner wechselvol­len Geschichte war es schon Kra-merladen, Raststätte und Verkaufs­platz von kirchlichen Erinnerungs­stücken – und natürlich von dem beliebten Meth.
In diesem Jahr ging ein lang ge­hegter Wunsch von Wallfahrtsdi­rektor Pater Herbert Müller in Er­füllung. Mit der notwendig gewor­denen Außenrenovierung bekam das Meth-HäusI sein früheres Gesicht wieder, Hans Kronseder und Mesner Günther Lenz stellten die alte An­sicht nach den Vorgaben des Bayeri­schen Landesamtes für Denkmal­schutz wieder her – und zwar, ohne Entgelt für ihre Arbeit zu verlangen. Auch das Baumaterial wurde von der Wallfahrtsstiftung gestellt.
Das Meth-HäusI und dessen Vor­gänger haben eine lange Geschichte Im Jahre 1734 erhielt der Lebzelter Christoph Stanislaus Kirchberger vom Kurfürsten die Genehmigung, neben der Barockkirche auf dem Kalvarienberg, dem heutigen Ma-ria-Hilf-Berg, einen Kramerladen zu errichten. 1736 wird als Betreibe­rin Anna Maria Huber, Bierbrau­erstochter von Vilsbiburg, genannt. Lebzelter Josef Frornberger kaufte 1784 den Kramerladen.
Im Jahre 1834, genau 100 Jahre nach dem Bau des „Kramerladen", wurde das heutige Meth-HäusI er­richtet. Besitzer war ab 1837 Franz Xaver Lechner, Lebzelter in Vilsbi­burg, von 1858 bis 1891 werden An­na und Christoph Lechner genannt.
Ein Jahr später wurde das Meth-HäusI verpachtet. Die erste Pächte­rin war Elise Weidinger, die mit 
„Meth-Standl-Geschäftsinhaberin" betitelt wurde und im „Vilsbiburger Anzeiger" unter anderem, auch Wachsblumen, Myrten, Diademe so­wie Maibüsche und Prangerkränze anbot.
1943 wurde das Meth-HäusI vorü­bergehend von der Nationalsozialis­tischen Volkswohlfahrt (NSV) be­schlagnahmt. Noch im selben Jahr wurde das Gebäude für vier Jahre als Wohnung vermietet. Nach er­folgter Innenrenovierung des Ge­bäudes zog 1953 das Ehepaar Karl und Maria Marx als Pächter und
Bewirtschafter in das Meth-HäusI ein. Im Jahr 1977 wurde das Meth-HäusI von der Familie Lechner der Wallfahrts-Kirchenstiftung über­eignet, aber es dauerte fünf Jahre, bis Paula Hauser als neue Pächterin das Meth-HäusI 1982 nach erfolgter Renovierung wieder eröffnete. In diesen zwei Jahren wurde letztmals in der 38 Personen fassenden Gast­stube Bier ausgeschenkt. Danach war es mit der Bewirtung von Kirchenbesuchern und Wallfahrern vorbei, ebenso mit dem Frühschop­pen der „Starnmtischler".
Ab 1984 war das Meth-HäusI nur noch an Fatima- und Wallfahrtsta­gen sowie an Marienfeiertagen ge­öffnet. An diesen Tagen verkauften Fritz und Katharina Boger irn Wall­fahrtsladen Devotionalien und tra­ditionsgemäß auch den beliebten Meth. Im Jahre 2008 schloss sich die kleine Eingangstüre zum Meth-HäusI. Die an der Frontseite des Gebäudes angebrachte Tafel mit der Aufschrift „Meth-Hausl" wirkt aber immer noch wie eine Einladung zu kurzer Rast bei Brotzeit und einem Glaserl Meth.
Franz Grötzinger
Aus der Vilsbiburger Zeitung vom 21. Oktober 2009

Der Meister des Biedermeier war in Vilsbiburg.
Carl Spitzweg, langjähriger Freund von Eduard Schleich, besuchte die Spitalkirche.

Das Original ist im Besitz der Benedikt-Auer-Stiftung. Eine Kopie dieser Zeichnung von Carl Spitzweg ist an den üblichen Öffnungszeiten des Heimatmuseums in der Spitalkirche zu sehen.
 
 
 

In Windeseile huscht der Bleistift über den Skizzenblock und bannt Landshuter Gotik in ihrer Vollendung aufs Papier. Das linke Maßwerk der Empore ist noch detailgetreu ausgeführt, ebenso der Beginn des Spitzbogens darunter. Diagonal nach rechts unten werden die Einzelheiten nur angedeutet. Möglicherweise drängt ein ungeduldiger Begleiter zur Eile oder der Zeichner setzt sich selbst unter Zeitdruck. Noch ein paar Striche, schon hat man das Gotteshaus wieder verlassen und steht auf dem saalartigen Marktplatz.

 

So ungefähr kann man sich die Szene am 8. September 1839 vorstellen, als der Meister des Biedermeier eine Stippvisite in der kleinen, intimen Kapelle macht. Und weil der Künstler zur Gewissenhaftigkeit erzogen wurde, versieht er auch dieses Fragment mit seinem Namen und der Signatur, einer liegenden, einem großen „S“ umschlungen Raute. Zu erforschen wäre allerdings noch, was den Maler aus München in den kleinen Marktflecken geführt hat. War er nur auf der Durchreise oder stattete er irgendjemandem in Vilsbiburg einen Besuch ab? War er allein unterwegs oder in Begleitung? Unwillkürlich denkt man da natürlich an den Landschaftsmaler Eduard Schleich aus Haarbach. Doch diesen wird Spitzweg erst fünf Jahre später kennenlernen.

 

 

Aus guter Familie

 

Vor genau 200 Jahren, im Februar 1808 wird er in eine großbürgerliche Münchner Familie hineingeboren. Seine Eltern betreiben in der Neuhauser Straße ein Unternehmen mit dem etwas sperrigen Firmenschild „Tuch-, Wollen-, Baumwollen-, Seiden- und Spezereiwaren, Kommission und Spedition“. Vater Simon Spitzweg ist im gesellschaftlichen Leben der Haupt- und Residenzstadt eine feste Größe. Er bekleidet das Amt eines Vorstehers des Gemeindekollegiums und ist Abgeordneter des Bayerischen Landtags. Die starke ökonomische Ausrichtung des Vaters lässt den künstlerischen Ambitionen seines Zweitgeborenen keinen Raum. Allenfalls die Mutter fördert Carls Begabung insgeheim. Der Patriarch hat bereits beschlossen: Simon, der älteste Sohn, übernimmt das Geschäft, Carl wird Apotheker und dessen drei Jahre jüngerer Bruder Eduard studiert Medizin. Wobei der geschäftstüchtige Vater im Hinterkopf hat, wie ideal sich Letztere bei ihrer Berufsausübung einmal ergänzen können.

 

 

Spitzweg wird Apotheker

 

Nachdem Widerspruch sinnlos erscheint, tritt Carl mit 12 Jahren in das Münchner Wirtschaftsgymnasium ein und beginnt fünf Jahre später in der Königlichen Hof- und Leibapotheke seine Ausbildung als Lehrling. Im Jahr 1829 geht er nach Straubing und verdingt sich in der dortigen Löwenapotheke als Gehilfe. Die dortigen beruflichen Enttäuschungen, gleicht er eine künstlerische Tätigkeit beim „Liebhabertheater“ in der Gäubodenmetropole aus. Das anschließende  Studium der Pharmazie in München schließt Spitzweg 1832 mit einem glatten Einser ab. Doch nun hat er erst einmal genug von Pillen und Salben und unternimmt eine ausgedehnte Italien-Reise. Nach der Rückkehr bezieht Spitzweg eine eigene Wohnung in der Dienerstraße und fasst während eines Kuraufenthalts den endgültigen Entschluss, Künstler zu werden.

 

 

Spitzweg der Autodidakt

 

Dabei verzichtet Spitzweg allerdings bewusst auf einen Besuch der Münchner Akademie. Die erscheint ihm unter dem schwierigen Direktor Peter von Cornelius als zu konservativ. Stattdessen sucht der junge Maler die Gesellschaft von Kunstjüngern, die dem erstarrten Akademiebetrieb den Rücken gekehrt hatten oder denen dort die Tür gewiesen wurde – wie beispielsweise Eduard Schleich. Im Jahr 1844 lernt Spitzweg den niederbayerischen Adelsspross kennen. Es ist der Beginn einer ausgedehnten Phase gemeinsamer Malreisen und einer lebenslangen Freundschaft. In den nächsten 13 Jahren besuchen sie die bayerischen Alpen, den Chiemsee, Tirol, Triest, Venedig und die renommierte Künstlerkolonie von Barbizon bei Paris, wo sie die moderne Form der realistischen Landschaftsmalerei studieren. Weitere Ziele sind Leipzig, Dresden, Berlin und immer wieder die Galerie im Schloss von Pommersfelden. Sie kommen auch nach Belgien, Holland und England. Interessant ist der Auszug aus einem Brief, den Spitzweg im August 1851 aus London an seinen Bruder Eduard richtet: „… Schleich hatte ungeheure Manschetten vor dem Seefahren und that sehr ernsthaft und einsilbig. Doch es lief alles gut ab… Nach einem derben englischen Frühstück wagten wir uns endlich zu Fuß in die Straßen, und Schleich versicherte mir, wenn er allein hier wäre, so würde er gleich heute Abend wieder abreisen.“

 

Durch die jahrzehntelange Verbindung mit Schleich entwickeln die beiden eine bahnbrechende Art der Landschaftsmalerei mit einer nahezu impressionistischen Freiheit der Naturauffassung. Was der Freund jedoch immer zu vermeiden gewusst hat, wird bis in die Mitte von Spitzwegs Schaffenszeit zu seinem Markenzeichen: die liebenswerte Darstellung des täglichen Lebens im Biedermeier. Für unzählige Beispiele stehen der Bücherwurm, der eingeschlafenene Nachtwächter und der arme Poet, eine Satire auf die Mittellosigkeit vieler Künstler. Die erzählerischen Züge in Spitzwegs Werken treten ab der Mitte des 19. Jahrhunderts mehr und mehr zurück. Mit dem armen Poeten, dem wohl bekanntesten seiner Kreationen erlebt Carl gerade im Jahr seines Besuches in Vilsbiburg eine herbe Enttäuschung. Die Jury des Münchner Kunstvereins kann sich 1839 nicht entschließen, das Bild für einen Wettbewerb anzunehmen.

 

 

Die Geisel der Cholera

 

Vielleicht liegt die Ursache seiner Reise ins beschauliche Niederbayern auch in einer Cholera-Epidemie, von der München wiederholt heimgesucht wurde. Spitzweg hat gegen die Ansteckung eine wirksame Überlebensstrategie entwickelt: Er flieht vor der Seuche. Im Winter 1873/74 wird die Hauptstadt heftiger als je von der Krankheit heimgesucht. Spitzweg zieht sich rechzeitig nach Tirol zurück und ermahnt seinen Weggefährten Eduard Schleich eindringlich, München zu verlassen. Doch dieser bekommt zu dieser Zeit gerade einen hohen Orden und bleibt. Prompt wird Schleich infiziert und stirbt am 9. Januar 1874 im Alter von nur 61 Jahren. Carl überlebt seinen Freund um elf Jahre. Gerade in dieser Zeit finden seine Arbeiten endlich die verdiente Anerkennung. Nicht über Schleichs Auszeichnung (das hätte sich der liebenswürdige Zeitgenosse nie erlaubt) sondern über seinen eigenen Michaelsorden hat Spitzweg 1865 ein Spottgedicht verfasst, das ihn auch als scharfsinnigen Dichter zeigt:
Wenn einer einen Orden kriegt,
Bei uns ist’s so der Brauch,
Sagt jeder grad zu ihm ins G’sicht:
„Verdient hätt‘ ich ihn auch!“
Wahrhaft erfreulich ist dies schon,
Es gibt ein treues Bild!
Wie hoch muss stehen die Nation,
Wo jeder sich so fühlt!
Peter Barteit
 

Seltene Secco-Malerei in der Vilsbiburger Spitalkirche
Es war eine kleine Sensation was der Restaurator an der inneren Kirchenwand der Vilsbiburger Spitalkirche freilegte: 15 einzelne Zeichen – aber für was? Dem Weltuntergang nah? Vorboten der Apokalypse?
Der Kirchenvater St. Hieronymus beschreibt um das Jahr 400 n. Chr. die „15 Vorzeichen“, wobei die Abfolge „Erster bis 15. Tag“ keine strenge zeitliche Definition darstellt.
Der Inhalt der Wandmalerei bringt zum Ausdruck, wie den Menschen des ausgehenden Mittelalters, die zum größten Teil des Lesens und Schreibens unkundig waren, die Ankündigung des Weltengerichts visuell näher gebracht wurde.
Zum PDF

Die Ausgrabungen in der Lerchenstraße waren hier erst am Anfang. Das Haus gehört der Familie Peter Forster, südlich der Grabungsfläche wird heute ein Neubau errichtet. BLfD, Foto: O. Braasch, Archiv-Nr. 7540/012, SW 4359-22, vom 15. 5. 1987. Freigegeben: GS 300/8707-81.
Wenn ein Vilsbiburger glaubt, seine Stadt bestehe gerade erst einmal seit circa einem Jahrtausend, so irrt er. Schon in der Jungsteinzeit, die immerhin etwa 7000 Jahre alt ist, gab es in der Lerchenstraße eine Siedlung, von der in den Jahren 1979 bis 1987 immer wieder Teilflächen ausgegraben wurden.
Auf dem Foto erkennt man die Ausgrabungen mit den ersten Flächen in der Lerchenstraße und den Arbeitern. Die dunklen Strukturen weisen auf weitere Befunde hin, die untersucht werden mußten. Durch Funde von Keramik und Feuersteinen konnten die Gruben datiert werden.

Jäger und Sammler wurden zu Bauern

Die ältesten Spuren stammen aus der späteren Linearbandkeramik um ca. 5200 v. Chr. In dieser Zeit entwickelten sich die Jäger und Sammler zu Bauern. Dazu gehörten die Herstellung von Tongefäßen, die nicht nur gebrannt wurden und damit fast wasserdicht waren, sondern auch mit gebogenen Linien und dazu passenden Einstichen verziert waren. Die feine Keramik war sehr dünnwandig und sehr hart gebrannt. Zusätzlich haben die Menschen in dieser Zeit schon sehr diffizile Werkzeuge angefertigt, z.B. sog. „Schuhleistenkeile“, Dechseln, die mit ihrer speziellen Form zur Holzbearbeitung ideal waren. Auch Ackerbau und Viehwirtschaft wurde betrieben, d.h. Schafe und Rinder wurden gehalten, aber noch nicht gezüchtet.

Immer wieder neue Kulturgruppen

Nach Aufgabe der Siedlung kamen etwa 400 Jahre später die Leute der Stichbandkeramik, die als Neuerung statt der Linienverzierung (daher der Name Linearbandkeramik) auf den Gefäßen sehr kleine Einstiche vorzogen, oft noch in der alten Formgebung der Linearbandkeramik.

Gleich darauf wohnten hier Angehörige der Gruppe Oberlauterbach, die auf der Keramik längliche Einstichen statt der kleinen Punkte vorzogen. Auch diese Siedlung wurde aus unbekannten Gründen irgendwann aufgegeben. Da es sich aber um einen sehr günstigen Platz für ein Dorf handelte – Wasser befand sich in der Nähe und der Boden war geeignet zum Beackern – kamen wiederum Menschen, diesmal soche, die der Münchshöfener Kultur zuzuordnen sind (ca. 4200 v. Chr.). Deren Keramik zeigte mit sehr hohen und zugleich hohlen Fußgefäßen ganz andere Formen. Deren Verzierungen ergaben ein vollständig das Gefäß bedeckendes Muster.

Die Vertreter der Altheimer Gruppe bildeten hier eine letzte Siedlung um 3600 v. Chr., von der allerdings nur noch Reste in zwei Gruben bestanden. Die Altheimer bevorzugten grobe und vergleichsweise unschöne, wenig verzierte Keramik.

Viele Kulturnamen aus Niederbayern

Vermutlich kennen viele Leser die Orte, nach denen diese Kulturgruppen benannt wurden. Der Name wird meist nach dem Fundplatz vergeben, wo diese Gruppen als erstes auftauchen. Da hier in Niederbayern die Jungsteinzeit sehr häufig vertreten ist, liegt es nahe, daß nach niederbayerischen Orten diese Zeitspannen benannt werden (Oberlauterbach, Altheim, Münchshöfen, Wallerfing usw.). Selbst in der Bronzezeit finden sich solche Beispiele mit der Straubinger Kultur oder der Stufe Jellenkofen.

Es wurden insgesamt etwa elf Häuser aus den unterschiedlichen Siedlungsphasen entdeckt, jedoch fand sich von keinem der vollständige Hausgrundriss. Vermutlich wurde zur Zeit der Stichbandkeramik um die Häuser ein unten spitz zulaufender Graben mit Palisaden gebaut, der zwar nur auf einer Länge von fünf Metern erhalten war, aber bestimmt der Sicherheit des Dorfes diente.

Durch den Fund verschiedener Feuersteine, die aus dem Feuersteinbergwerk bei Arnhofen bei Abensberg stammen, ist ein Handel in Richtung Norden gesichert. Allerdings ist unklar, was die alten Vilsbiburger anzubieten hatten. Vielleicht tauschten sie Einkorn und Emmer sowie Linsen und Leinsamen, deren Anbau nachgewiesen werden konnte.

Ein Leben wie vor hundert Jahren

Man darf sich die Menschen dieser Zeit getrost genauso wie einen heutigen Menschen vorstellen, nur mit einem anderen Glauben und anderen Kleidern. Aber im Prinzip hat sich zu dem Leben, das in einer bäuerlichen Gemeinschaft noch vor hundert Jahren geführt wurde, nicht viel geändert. Eine Familie lebte zusammen in einem Haus, daran anschließend befand sich der Stall für das Vieh. Das Haus bestand aus Holz, zwischen den Balken waren Flechtwände aus Ästen, die mit einem Lehm-Stroh-Gemisch beworfen wurden. Es gab in jedem Haus eine Feuerstelle, zusätzlich dazu einen größeren Ofen außerhalb der Häuser für das Brennen von Keramik für das ganze Dorf. Oft waren die Häuser von einem Zaun für das Vieh umgeben. Das Essen bestand neben Fleisch auch aus Emmer und Einkorn sowie Linen und Leinsamen. Natürlich wurden damals wie heute Beeren, Nüsse und Pilze zur Anreicherung der Nahrung gesammelt.

Aus den Ergebnissen einer Ausgrabung können viele Erkenntnisse der jeweiligen Zeit gewonnen werden, so sollten diese Untersuchungen unserer Geschichte einen höheren Stellenwert erhalten.

Dr.Cornelia Renner

Vor genau 200 Jahren stand die Kuppel der Stadtpfarrkirche nach einem Blitzeinschlag in Flammen. Die Frage ist, wie würde man heute reagieren, wenn auf einmal aus der Kuppel Flammen schlagen würden. Der Brandherd wäre in etwa 70 Metern Höhe. Die Abmessungen der Kuppel welche ganz aus Holz gefertigt und mit Kupferblech ummantelt ist, sind 14 Metern in der Breite und 18 Meter in der Höhe. Herab fallende brennende Teile wären sicherlich eine große Gefahr für die umliegenden Häuser, welche je nach Windrichtung wiederum zu brennen anfangen könnten. Heute würde man von einem Inferno sprechen, was mit einer schrecklichen und gefährlichen Situation einzuschätzen wäre, nachdem vielleicht auch das Dach der Kirche angefangen hat zu brennen.

Die Kirchenrechnungen im Archiv der Pfarrkirche beginnen erst nach dem Dreißigjährigen Krieg im Jahr 1657. Hier sind auch Aufzeichnungen von der großen Vilsbiburger Feuersbrunst des Jahres 1656. Vilsbiburger Bürger haben damals vom Kirchenvermögen Geld aufgenommen „wegen erlittenen Prunstschaden“.

Die Bauausführung vom gotischen Spitzhelm zur heutigen Zwiebelkuppel der Pfarrkirche ist in den Kirchenrechnungen nicht zu finden, er dürfte aber in die Zeit um 1625/30 fallen. 1671 hat ein starker Wind das Kirchendach aufgerissen. Der Turm wurde 1673 neu verputzt und 1677 werden die Holzschindel der Kuppel ab dem gemauerten Turm abgetragen. Die Kuppel wird mit 24 000 Holzschindel neu eingedeckt, welche zuvor mit roter Farbe gestrichen wurden, letztendlich wird ein Blech mit der Jahreszahl 1677 auf die Kuppel genagelt, der Knopf und das Kreuz werden vergoldet. 1681/82 wird von einer großen Sanierung des Turmes mittels Holzgerüst berichtet. Der Blitz hat 1685 in den Turm eingeschlagen, die Kuppel wurde ausgebessert und das Kreuz wieder aufgesetzt. Aber schon im August 1689 hat der Blitz wiederum in den Turm geschlagen, bis zur Orgel herab, wobei ein Teil der Orgel „völlig zerschlagen“ wurde. Gleiches geschieht auch im Juni 1693, hierbei mussten sogar zinnerne Pfeifen der Orgel neu gegossen werden. 1701 ist der obere Teil der Kuppel völlig morsch, 5000 Holzschindel werden ausgewechselt. Am 10. Mai 1742 hat „ein Thonnerwetter die halbe Kirchthurmkuppel herabgeschlagen“, die Helmstandenhalterung war herabgesprengt und die seitliche Mauer ruiniert, auch im Kirchendach waren Löcher. Dies wiederholte sich auch fünf Jahre später. Eine umfangreiche Reparatur der Kuppel war 1791, das Holz-Kuppeldach wurde neu eingedeckt.

Von einem Brand der Kuppel durch Blitzeinschlag war in den Kirchenrechnungen aber nichts niedergeschrieben, bis zum 13. April des Jahres 1807.

In den Niederbayerischen Heimatblättern[1] wird über den Blitzeinschlag vor 200 Jahren berichtet: „Ein Blitzstrahl am 13. April 1807 nachmittags zwischen fünf und sechs Uhr, setzte die Kuppel des Vilsbiburger Pfarrkirchenturmes in Brand, ohne dass die Bevölkerung das Einschlagen des Blitzes bemerkt hatte. Erst als nach einer halben Stunde das Feuer aus der Kuppelspitze herausschlug und brennende Schindel auf das Kirchendach und die benachbarten Häuser fielen, machte man gleich einen Feuerlärm. Nach einer weiteren halben Stunde war die Gefahr beseitigt. Die Helmstange und die oberen Teile der Kuppel waren zu einem Drittel verbrannt. Um mit Löschgeräten zum Feuer gelangen zu können, musste man den unteren Teil der Kuppel durchbrechen. Der ganze Kirchturm und Dachung sind mit 2000 Gulden versichert. Die tatsächlichen Schäden wurden auf 422 Gulden geschätzt.“

Im Staatsarchiv Landshut befindet sich unter der Signatur: Landgericht ältere Ordnung, Biburg, Nummer 127, ein Schriftverkehr über den Blitzeinschlag am Vilsbiburger Kirchturm im Jahr 1807. Zum Turmbrand berichtete der damalige Landrichter Freiherr von Pechmann: „Der Blitz fuhr den ganzen Turm herunter und verlor sich unwissend irgendwo, so heißt es in dem Schätzungsprotokoll. Zimmererleute zeigten sich als die Mutigsten und durchbrachen unterhalb der zündelnden Flammen die Turmkuppel. Die Schätzung nahmen der Vilsbiburger Zimmermeister Michael Pachmaier, Georg Strohhofer Zimmermeister von Langquart, und der Maurermeister Lorenz Maier vor. Notwendig war eine neue Helmstange aus Eichenholz. Sechs Schuh hoch (ein Schuh misst ca. 30 cm) musste die Kuppel mit neuen, 4.000 Stück Scharschindeln (= Holzschindel) gedeckt werden, das Tausend zu 6 Gulden. Diese Schindeln wurden mit Leinöl getränkt und dann rot gestrichen. Das Teuerste bei der Reparatur war das Holzgerüst mit 140 Gulden. Da man beim Löschen des Brandes die ledernen Wasserkübel auf das Kirchdach herunterwarf, wurde auch dieses beschädigt. Die Brand-Assekuranz-Kommission wollte an der Versicherungssumme Abzüge machen, aber der Landrichter erbat wenigstens den Ersatz für den dritten Teil der Kuppel, welche insgesamt 60 Schuh hoch (ca. 18 Meter) und ganz von Holz erbaut war. 166 Gulden wurden schließlich gezahlt.“

Nun waren natürlich die wagemutigen Zimmererleute gefragt, welche die Kuppel wieder aufbauen und eindecken mussten. Um eine Vorstellung vom verwendeten Material zu bekommen kann der Blitzeinschlag von 1742 herangezogen werden, bei welchem aber kein Gerüst gebraucht wurde. Benötigt wurden damals 200 Gebinde Schar- oder Holzschindel, 12 000 Nägel, 60 Pfund rote Farbe, 50 Pfund Leinöl, 2 Pfund „Silber Gleth“, 2 Pfund rote Mennige und 2 Pfund Bleiweiß. Der Zimmermeister mit zwei Gesellen arbeitete 40 Tage. Einen Blitzableiter hatte der Turm zu dieser Zeit noch nicht. Dieser wurde erst im Zuge der erstmaligen Eindeckung der Zwiebel mit Kupferblech im Jahr 1821 installiert.
Eindeckung mit Kupferblech
Unter Pfarrer und Dekan Vital Danzer erhält die Kuppel zum ersten Mal eine Kupferblech-Eindeckung. Die Kirchenrechung von 1820/21 gibt dazu einen guten Überblick der gemachten Arbeiten, aber auch einen geschichtlichen Rückblick: „Die Pfarrkirchen Turmkuppel war so baufällig, dass man es für höchst notwendig befunden hat, selbe neu einzudecken. Nachdem aber seit 144 Jahren selbe 3-mal neu gedeckt und 3-mal ausgebessert wurde, so dass alle 50 Jahre eine neue Eindeckung und alle 25 Jahre eine Ausbesserung trifft, so wurde beschlossen, selbige nun mit Kupfer eindecken zu lassen. Eine Ausbesserung des Kuppeldachstuhles wurde vorgenommen, ein neuer Boden und ein Steg kamen in die Kuppel, die Stiege mit Geländer wurde ausgebessert und neue Luftfenster eingesetzt. 1908 Pfund ungeschnittenes Kupfer in 36 Platten wurden bei Georg Buchauer aus Wasserburg eingekauft. Die Blöcke wurden vom Kupferhammermeister Karl Christeiner in Regensburg zu Kupferblech umgearbeitet und in Kisten verpackt. Bei der Umarbeitung verlor das Kupfer 55 Pfund an Gewicht. Joseph Daxenberger, Kupferschmiedemeister aus Neumarkt/Rott, verkauft daher dem Gotteshaus 20 Pfund geschmiedetes Kupfer. Für den Kupfertransport von der Neuöttinger Lände zur dortigen Waage, dann nach Landshut und vier Tage Beaufsichtigung in Regensburg, bekommt Georg Stein, Handelsmann aus Vilsbiburg, 30 Gulden 22 Kreuzer. Georg Graßer erhält am 27. April 1821 für den Transport von 1908 Pfund Kupfer von Landshut nach Regensburg, 1853 Pfund Kupfer retour nach Vilsbiburg, Fuhrlohn mit Waaggeld und Trinkgeld von 35 Gulden 6 Kreuzer. Die Kosten für das Kupfer mit Bearbeitung und Transport beliefen sich auf 2.250 Gulden 49 Kreuzer. Eine Unmenge an Latten, Falzbrettern, Stammholz und Gerüsthölzer mussten geschnitten, gehauen und transportiert werden. Der Schmied Thomas Lammer macht 58 Gerüst- und 2 Abbrechklammern aus 58 Pfund Eisen, weiters Ringe, Hakensteften und Zugbandl. Der Seiler Joseph Hämmerl fertigt 150 Stück Seile und die Kupferschmiedin Anna Stänglin fertigt 7000 Blechnägel, 375 ganze Bodennägel und 250 halbe Bodennägel. Ein Holzgerüst wurde aufgestellt, die Kuppel abgedeckt und neu eingetäfelt. Ein Zimmermeister und 16 Jndividuen (= Arbeiter/Helfer) arbeiten in schwindelnder Höhe. Joseph Daxenberger, Kupferschmied aus Neumarkt/Rott, schlägt die Kuppel mit insgesamt 2474 Pfund Kupferblech ein. Vom 26. April bis 5. Mai 1821 wurden von fünf Zimmerern die Gerüsthölzer gefertigt; vom 7. bis 12. Mai dann der Turm mit acht Mann eingerüstet. Die eigentlichen Arbeiten an der Kuppel mit abdecken, eintafeln und abrüsten dauerten vom 14. Mai bis zum 14. Juli 1821. Die Kuppel wurde mit 16 Gegenhölzern befestigt. Die Ausgaben für den Kupferschmied, Gerüst- und Eindeckholz, 13 Zimmererleute und 3 Handlanger waren 2.755 Gulden 58 Kreuzer. Angerechnet wurde das vorhandene verkaufte Baumaterial 80 Pfund Kupferabschnitt. Von den 24 000 Holzschindel die einmal auf dem Turm waren, konnten nur noch 2150 Stück verkauft werden. Der Maurer musste einen Pfeiler ausbessern und das Gesims des Turmes weißeln. Ein Blitzableiter aus Messingdraht wurde installiert. Für die Zahlung der neuen Dacheindeckung wurde das Geld von verschiedenen Kirchen ausgeliehen: Wippstetten 50 Gulden, Loiching 50 Gulden, Weigendorf 100 Gulden, Münster 100 Gulden, Niklashag 100 Gulden, Loizenkirchen 100 Gulden, die dortige Aller Seelen-Bruderschaft 100 Gulden, Erlach 400 Gulden. Zur Deckung des weiteren Defizits kamen von der Vilsbiburger Corpus-Christi-Bruderschaft 90 Gulden, Filialkirche Maria Hilf 629 Gulden, vom Heilig Geist Spital 567 Gulden, vom Leprosenhaus 345 Gulden.

Schon 1842 war die Überlegung, das beschädigte Kuppeldach mit Weißblech oder Kupfer neu einzudecken. Im Zuge eines Umbaues im Turm und der Beschaffung einer neuen Turmuhr, wurde diese im Februar 1878 nicht mehr im unteren Stockwerk eingebaut, sondern zwischen dem oberen und unteren Glockenstuhl, dort wo heute die Zifferblätter sind. Auch wurde ein drittes äußeres Ziffernblatt am Turm angebracht. In den Jahren 1961/62 wurde die Putzschicht der ehemals ganz verputzen Pfarrkirche abgenommen. Seitdem zeigt das spätgotische Bauwerk wieder sein ursprüngliches Gesicht mit dem Blankziegelmauerwerk. Die Kuppel wurde mit Kupferblech teils neu gedeckt – die Kugeleinschüsse wurden verlötet.

Der Turm mit seinen 73 Metern Höhe ist immer extremen Witterungsverhältnissen ausgesetzt, auch Blitzeinschläge sind möglich. Im Sommer 2003 brachte ein Blitzeinschlag die Elektronik der Glockensteuerung zum Erliegen.

Peter Käser

Reger Handel prägte mehr als hundert Jahre an jedem Samstag das Ortsbild

 
Es war sehr übersichtlich geworden auf den traditionsreichen Handelsplatz zwischen der Mayerschen Apotheke und dem Elektrogeschäft Hammer. Nur wenige Bauern kamen noch mit ihren jungen Schweinen nach Vilsbiburg. Sie vermarkteten ihre Tiere lieber ab Hof und so konnten auch die Viehhändler keine Geschäftsgrundlage für sich mehr erkennen. Die Stadtväter zeigten sich angesichts des Niedergangs besorgt und als Bürgermeister Josef Billinger am 7. Februar 1974 das Thema auf die Tagesordnung setzte, dachte man sich für den seit mindestens 1856 nachweisbaren Ferkelmarkt eine hinhaltende Vorgehensweise aus.

 

Bedauert wurde diese Entwicklung vom Gremium zwar schon, gehöre doch der Markt seit Jahrhunderten zum Stadtbild. Man werde künftig auf die Erhebung von Gebühren und die Erstellung von Marktberichten zu verzichten. „Durch dieses passive Verhalten soll der Markt quasi eingeschläfert werden.“ So liest sich der für  die Formulierungskünste des damaligen Geschäftsleiters Karl Fromberger typische Eintrag im Protokollbuch. Im November beschäftigte sich das Gremium erneut mit der Thematik. Die Einschläferungs-Strategie hatte Wirkung gezeigt; denn seit Mai dieses Jahres seien kaum noch Ferkel angefahren worden. Davon leitete der Stadtrat mangelndes Interesse an dem Markt ab und beschloss, ihn Ende des Jahres einzustellen.

 

Wie war das gut zwei Jahrzehnte vorher noch anders! Im Jahr 1949 ging es den Verbrauchern, anders als heute, keineswegs um die Vermeidung von Kalorien im täglichen Nahrungsangebot. Da lobte der Vilsbiburger Anzeiger die Bedeutung der sprunghaften Erhöhung des Schweinebestandes nach dem Krieg. Einen wesentlichen Anteil an dieser für die Ernährung der Bevölkerung wichtigen Entwicklung leisteten die Viehmärkte. „Rückblickend darf man wohl behaupten, dass Bauer und Züchter gemeinsam mit dem Händler die katastrophalen Versorgungszustände der ersten Nachkriegsjahre schneller überwunden hat, als man zu hoffen wagte“, stellt das Blatt zusammenfassend fest.

 

Die ordnende Hand von Michael Wippenbeck

 

Über die etwas formale Betrachtungsweise des Presseberichtes hinaus brachte der Vilsbiburger Ferkelmarkt Samstag für Samstag pralles Landleben mitten in die Stadt. Die Bauern aus dem Vilsbiburger Land kamen mit Pferdefuhrwerken oder Motorradanhängern, die fortschrittlicheren auch mit Bulldog oder VW-Käfer und stellten ihre Erzeugnisse zur Schau. Unumschränkter Herrscher über das Geschehen war Gemeindediener Michael Wippenbeck. Er kassierte die Marktgebühr von 50 Pfennigen pro Stück, die auch das Entgelt für die Viehbeschau enthielt. Daher kam er auch immer in Begleitung des Amtstierarztes. Um sich das lästige Zählen der Jungtiere zu ersparen, fragte Wippenbeck den jeweiligen Landmann, wie viele Ferkel er dabei habe. Gestimmt habe die genannte Zahl nie, erinnert sich sein Enkel Johann Allertseder. Aber war die Abweichung nicht zu gravierend, wurde es geduldet.

 

Denn es gab zuweilen entschieden größeres Konfliktpotential auf dem Ferkelmarkt. Einige Schlauberger unter den Viehhändlern erwarteten die eintreffenden Bauern bereits an der Vilsbrücke und lotsten sie in das Löchl, um dort unter Ausschaltung der Obrigkeit ihre Geschäfte abzuwickeln. Diese Praktiken waren vom Gemeindediener unverzüglich zu unterbinden. Natürlich waren auch seriöse Kaufleute auf dem Platz zu finden. Der legendären Außermeier Otto gehörte dazu, ebenso wie Josef Michalski, Hans und Fred Holzner und Josef Seisenberger. Und dann gab es noch die so genannten Schmuser, wie der Danner Mich einer war. Sie beobachteten intensiv die Szenerie und versorgten die Viehhändler gegen ein kleines Entgelt, den „Schmus“ mit wertvollen Tipps. Doch dabei war Vorsicht geboten. Unsichtbar lag über dem Markt ein fein abgestimmtes Netz von Reviergrenzen. Und wenn ein Schmuser dem anderen „ins Gäu“ ging, konnte er sich schon einmal eine saftige Watschn einhandeln. Gelegentlich mussten sogar die Beamten der Stadtpolizei ihre Wache im Rathaus verlassen, um die Streithähne amtlicherseits zu besänftigen.                                       

 

Treffpunkt von Stadt und Land

 

Doch alle Aufgeregtheiten waren vergessen, wenn es um das leibliche Wohl ging. Dafür sorgte während des Marktes der Schlecht Sepp mit seinem Wurstkessel, den er in der Metzgerei Stammler mit heißen Weißen und Wienern füllte. Er versorgte übrigens auch die Beamten und Angestellten in den Behörden der Kreisstadt, die Anfang der 1950er Jahre am Samstagvormittag noch in ihren Büros anwesend zu sein hatten. Und auch nach Marktende eilte niemand mit hektischer Geschäftigkeit nach Hause. Die Bauern hatten mit 25 bis 30 Mark pro Ferkel gut verdient, die Händler immer noch Geld übrig, andere ihren Schmus oder ein wenig Schwanzlgeld in der Tasche. Genug auf jeden Fall für eine Maß (oder auch mehrere) in den Gasthöfen am Platze, beim Stammler, beim Haslbeck und beim Bräu oder auch in den kleineren Wirtschaften, wie beim Wackerlwirt oder beim Vogel in der Kirchstraße, von wo der kleine Hans seinen Opa zuweilen abholen musste, wenn er beim Kartenspiel aufs Heimgehen vergessen hatte.

 

Der Ferkelmarkt  war über das reine Handelsgeschehen hinaus Treffpunkt und Informationsbörse im weitesten Sinn. Er zog er auch Leute an, die weder einen Läufer oder ein Spanferkel zu verkaufen hatten, noch vorhatten, solche Tiere zu erwerben. Sondern einfach nur Neuigkeiten erfahren wollten. So manch anderes Geschäft wurde am Vilsbiburger Stadtplatz eingefädelt. Und wenn eine Hochzeiterin gesucht wurde, wusste sicher irgendwer, wo eine solche zu finden und wie viel Geld sie mitzubringen in der Lage war. Den Ferkelmarkt hatte man zu besuchen, lautete für verschiedene Bevölkerungskreise ein ungeschriebenes Gesetz. Einer der Beteiligten erzählt noch heute, dass sich in seiner Familie ausgerechnet an einem Samstag Nachwuchs eingestellt hatte. Über die Prioritäten gab es keinerlei Diskussion: Erst ging man auf den Markt und dann zur Frau ans Wochenbett.
Peter Barteit
 

Ein lang gehegter Wunsch ging in Erfüllung

Sanierung des über 170 Jahre alten Rückgebäudes hinter dem Museum fand seinen Abschluss.
Das Foto von etwa 1955 zeigt die umfangreichen, allerdings nicht mehr sehr ansehnlichen Verbindungsbauten zwischen dem Spital- und dem Rückgebäude kurz vor dem Abbruch. Der bauliche Zustand dürfte dem vom 17. bis Anfang des 19. Jahrhunderts gleichen.
Vilsbiburg. Das nun sanierte und kürzlich fertig gestellte Rückgebäude hinter dem Heimatmuseum, dem ehemaligen Heilig-Geist-Spital, soll hier im Zusammenhang mit dem Spital in seiner baulichen und geschichtlichen Entwicklung näher betrachtet werden. Die wohl ältesten Bauten Vilsbiburgs stellen die zum historischen Ensemble zählenden Gebäude des ehemaliges Heilig-Geist-Spitals mit der um 1400 als Katharinenkapelle erbauten Kirche sowie des Stadtturms dar. Mit dem 1476 vom gebürtigen Vilsbiburger Kaspar Westendorfer gestifteten „Inneren“ Spital am Marktplatz und dem so genannten Äußeren oder Armen Spital am Oberen Markt (heute Pannermayr), hat dieser eine fast über 500 Jahre alte Tradition der Kranken- und Armenpflege begründet und alten und gebrechlichen Bürgern einen geregelten Lebensabend ermöglicht. In der in lateinischer Sprache abgefassten Stiftungsurkunde bestimmte Westendorfer für das neu erbaute Haus ausdrücklich den Platz bei der Katharinenkapelle, der späteren Spitalkirche.

 

Das Äußere Spital an der Oberen Stadt mit Spitalstadel, Obstgarten und einem weiteren Gebäude diente in erster Linie der ausgeübten Landwirtschaft und damit zur Selbstversorgung der Spitalbewohner. Das Areal hinter dem Spital am Stadtplatz, zwischen Hauptgebäude und dem Rückgebäude, bildete einen kleinen Hof mit Brunnen, der zur Oberen Stadt hin mit der dann 1902 abgebrochenen Ringmauer abschloss.

 

Das Rückgebäude

Die ab der Mitte des 17. Jahrhunderts erhaltenen Rechnungsbücher des Spitals lassen in dem kleinen Hof hinter dem Hauptgebäude den Bestand eines Gebäudes mit einem Verbindungsbau erkennen, was der Katasterplan des Marktes Vilsbiburg von 1810 bestätigt. 1823/24 waren im Spitalgebäude größere Reparaturen nötig. Dazu fertigte der Vilsbiburger Landgerichtsmaurermeister Anton Wagner, heute mit dem Kreisbaumeister vergleichbar, einen Bestandsplan über das Ensemble Spital, der Kirche und dem Verbindungsbau zu einem schon bestehenden Rückgebäude. Der Plan lässt durch eine eingezeichnete Bleistiftskizze im Bereich des Rückgebäudes erkennen, dass an einen Abbruch des bestehenden Gebäudes mit Ersatzbau gedacht war. Dieser Bau beherbergte bis dahin in einem überwölbten feuersicheren Raum des Erdgeschoßes die Registratur, also das Archiv des Heilig-Geist-Spitals. Der erste Stock war für ein Krankenzimmer sowie einem weiteren Wohnraum bestimmt. Die Versorgung dieses Traktes war durch einen gemauerten Verbindungsbau gewährleistet, dem man im Obergeschoß eine hölzerne Altane vorgebaut hatte. Laut Plan umlief so eine geschlossene Altane die gesamte Rückseite der Spitalkirche und des Spitalgebäudes, setzte sich in westlicher Richtung zum Rückgebäude an der hohen Mauer fort und war im Erdgeschoß über eine Treppe, im Obergeschoß durch eine Türe an der Rückwand des Spitals erreichbar.

 

Ein weiterer, nicht datierter, wohl zum Zeitpunkt der Spitalsanierung von 1823/24 entstandener Bauplan, sah einen dreigeschossigen Neubau des Rückgebäudes vor, der jedoch nicht zur Ausführung kam. 1835 und 1836 ist in den Rechnungsbüchern des Spitals von einem errichteten „Neugebäude“ oder „hinteren Neugebäude“ mit drei Krankenzimmern die Rede, für das von Gerichtsmaurermeister Anton Wagner Kosten abrechnet worden sind. In seiner Handwerkerrechnung listete er folgende Kosten auf: „…im Waschhaus den Bockstuhl (?) eingericht, die Bögen gemacht, eingericht und das Waschhaus gewölbt“. Matthias Hanecker lieferte zum „Neubau“ des Daches „13 Buschen 650 Pfund 8 Zentner Eisenblech“ (146 Gulden) und der Kupferschmied Alois Daxenberger deckte den „hinteren Teil des Spitals“, also das Rückgebäude, mit Eisenblech ein (74 Gulden). Der Maler Gottfried Seltenhorn hatte dazu das Dach dreimal mit Kupferfarbe (18 Gulden) gestrichen. Zusätzlich wurden noch Kosten für Fußböden und Weißdecken, dann für einen Plattenofen und eine neue Stiege abgerechnet. Das bis dahin bestehende, 1823 im Bauplan noch ersichtliche Gebäude, war also abgebrochen worden. Das nun im Laufe des Jahres 2007 sanierte Gebäude geht somit auf den Neubau von 1836 zurück.

 

Zum ungehinderten Transport der Essensrationen aus der Krankenhausküche für die Spitalinsassen wurde 1858 als Verbindung zwischen dem Rückgebäude sowie dem Krankenhaus an der Oberen Stadt (heute Pannermayr) ein überdachter Gang in hölzerner Ständerbauweise erbaut. Die Küche im Spital wurde daraufhin aufgehoben. Der Verbindungsgang existiert heute lediglich noch als Torso.

 

Nach dem Umzug der Spitalinsassen um 1955 in das ehemalige Krankenhausgebäude an der Oberen Stadt Nr. 8 hatten die bestimmt nicht mehr sehenswerten Verbindungsbauten zwischen Spital und Rückgebäude ausgedient, sie wurden ersatzlos abgebrochen. Das Rückgebäude diente Mitte der 1960er Jahre noch kurzzeitig als Wohnung, stand dann aber bis zur Sanierung 2007 leer. Der desolate Gesamtzustand des Gebäudes, das Dach war undicht und Teile der Umfassungsmauern zeigten starke Rissbildungen, veranlaßte die Stadt Vilsbiburg zur Sanierung des Komplexes. Dabei konnte der vom Denkmalschutz geforderte Bestand des überwölbten Gebäudeteils sowie der Baukörper in seiner bisherigen Gestalt erhalten werden. 

 

Das Rückgebäude wird Depot

Das Thema Depot war für den Heimatverein von je her ein heikles Kapitel, waren doch nicht ausgestellte Objekte an verschiedenen Stellen wie Spitzboden im Museum, im Nachbargebäude Stadtplatz 39, dann im altem Bauhof an der Seyboldsdorfer Straße und im Stadtturm deponiert. Besonders nachteilig wirkte sich dies bei Vorbereitungsarbeiten zu Sonderausstellungen aus, von denen das Museum in den letzten 32 Jahren allein 35 an der Zahl veranstaltete. Dankenswerterweise hat nun die Stadt Vilsbiburg das Rückgebäude nach der Sanierung dem Heimatverein zur Verfügung gestellt und damit die Depotverhältnisse für das Museum nachhaltig verbessert. Im Lauf der nächsten Zeit wird nun das Depot, soweit es die durch die neuen Wandputzflächen verursachte, noch etwas zu hohe Luftfeuchtigkeit zulässt, nach und nach mit ausgelagerten Objekten bestückt. Die mit einer Alarmanlage gesicherten Räume werden künftig aber auch als Arbeitsräume für die Eingangsbearbeitung (Reinigung, Restaurierung) und Inventarisierung sowie fotografischer Erfassung intensiv genutzt. Besonders attraktiv und als Herzstück des Depots gestaltet sich der überwölbte Raum im Erdgeschoß.   
Lambert Grasmann