Die wiederentdeckte Figur des Heiligen Erasmus von Herrnfelden

Ein bislang im Fotoarchiv des Heimatvereins unbekanntes Bild mit der Darstellung einer Figur im Bischofshabitus kann nun durch die Recherche zur Bau- und Kunstgeschichte der St. Nikolauskirche in Herrnfelden geklärt werden. Die Figur fotografierte der Redakteur beim Vilsbiburger Anzeiger Carl Schmöller, als die Kirche um 1960 noch voll ausgestattet war mit Hochaltar, Kanzel, bunten Glasfenstern und vor allem der lebensgroßen Figur des Heiligen Erasmus. Diese befand sich am linken Chorbogen unter einem Baldachin, abgestellt auf einem mit gotischem Maßwerk verzierten Sockel. Der Heilige ist hier segnend im Bischofsornat dargestellt. Der Legende nach musste er zahlreiche Martern erleiden. Eine davon deutet auf das Attribut des Heiligen, der Seilwinde in der linken Hand hin, mit der man ihm die Gedärme herausgezogen habe. Als einer der 14 Nothelfer wurde er um Hilfe bei Koliken und Geburtsschmerzen angerufen.

Die Altäre in St. Nikolaus

Kirchliche Aktivitäten lassen sich in der Kirchenrechnung im Pfarrarchiv von 1585 mit zum Beispiel vier gesungenen Ämtern nachweisen. Ausgaben sind 1590 für zwei Messingleuchter zum „fordern Altar“ also dem Hochaltar entstanden. Die Formulierung „fordern“ ist ein Hinweis auf zwei Altäre. Ein weiterer Beleg dafür dürfte die Ausgabe an den Maler Johann Baptist Gerl sein, der 1663 bei „beiden Altären“ die zwei Antependien (Verkleidung des Altarunterbaus) und zwei Bilder gemalt hat. 1688 ist erstmals ein neuer Seitenaltar mit dem „St. Erasmi“ Bildnis angedingt (versprochen) worden. Errichtet wird der Altar dann im Jahr 1690 wobei man dem Maler Felix Finckenzeller aus Landshut für das Altarblatt Sankt Erasmus 20 Gulden bezahlt hat. Weiter am Altar sind die Handwerker Jonas Hiernle, Maler aus Landshut, der Vilsbiburger Schreiner Hans Heinrich Stauch und der Maler Johann Kaspar Fridl aus Vilsbiburg beschäftigt. 1725 führt der Vilsbiburger Maler Johann Philipp Hauser am „St. Erasmo“- Altar Renovierungsarbeiten aus.

Einen neuen Hochaltar fertigt 1737 der Schreiner Veith Cranzperger aus Vilsbiburg. Mit der „Überschneidung“ der alten Seitenfiguren zeigt man sich nicht zufrieden. Den später viel beschäftigten Vilsbiburger Bildhauer und Stuckateur Johann Paul Wagner hat man zwei neue „mannsgroße „Bylder“, also Figuren fertigen lassen. Die alten Figuren verblieben der Kirche.

Veränderungen im 19. Jahrhundert

Eine „neue Zeit“, was die Ausstattung für die Pfarrkirche, die Heiliggeist-Spitalkirche aber auch für St. Nikolaus in Herrnfelden betrifft, beginnt unter Pfarrer Dr. Josef Neumeyer. Er war ein Verfechter der Neugotik, so hat er die genannten Kirchen von der Barock- und Rokoko-Ausgestaltung „befreit“. Der Glasmaler Kaspar Böhm aus München wurde für Herrnfelden mit einem Mittelfenster, darstellend St. Nikolaus beauftragt. Es war als Altarblatt für den nun kleineren Hochaltar gedacht. Ein weiterer Auftrag für Böhm war die Herstellung von zwei Seitenfenstern mit der Darstellung von „St. Petri und St. Josephi“, sowie mit Brustbildern der Heiligen Wendelin und Notburga bei zwei weiteren Fenstern. Die nötigen Finanzmittel für „die Verschönerung des Kirchleins“ stiftete für einen neuen Hochaltar und eine Kanzel der Bauer zu Herrnfelden Joseph Schachtl, die 1866 fertig gestellt waren. Pfarrer Dr. Neumeyer konnte dazu den aus Tirol stammenden und in München wirkenden Bildhauer Johann Nepomuk Petz gewinnen.

Nun kommt eine neue Darstellung des Heiligen Erasmus ins Spiel: Im Protokoll vom 30. Juli 1866 schreibt Pfarrer Dr. Neumeyer „…als Gegenüber der Kanzel wurde neuestens die Statue des vom Volke verehrten Hl .Erasmus samt Baldachin vom Bildhauer Petz, München abgeliefert, und wurde das allermeiste aus Privatmitteln bestritten“. Die Bezahlung erfolgte in bar, so dass fehlende Ausgabeposten in den Kirchenrechnungen erklärbar sind. Ein Seitenaltar war nicht mehr vorgesehen. Die genannte St. Erasmus-Figur befindet sich übrigens auf dem Speicher des Vilsbiburger Pfarrhofs.

Altarblatt zum Seitenaltar St. Erasmus von 1690 entdeckt

Nach Veröffentlichung des vorstehenden Textes wurde durch einen Hinweis Peter Käsers und einer schon früher gemachten fotografischen Aufnahme des Autors im 1. Stock des Vilsbiburger Pfarrhofs das Altarblatt zum St. Erasmus Seitenaltar von Herrnfelden entdeckt. Nach den ausgewerteten Kirchenrechnungen im Pfarrarchiv kann das Gemälde dem Landshuter Maler Franz Felix Finckenzeller für 1690 zugeordnet werden. Geboren zu München wurde er am 24. April 1671 als Lehrling beim Maler Balthasar Egger In München aufgedingt und lebte zunächst in Dorfen. Ab 1682 ist er in Landshut nachweisbar, wo er 1698 verstarb. Weiter sind am Altar der Maler Jonas Hiernle aus Landshut beschäftigt. Er liefert neun Engelsköpfe und zwei sitzende Engel. Der Vilsbiburger Hans Heinrich Stauch (hier Bürgerrecht 1671) erledigt die Schreinerarbeiten, der Maler Johann Kaspar Fridl aus Vilsbiburg (hier Bürgerrecht 1681) aus Baumburg die Faßarbeiten.

Lambert Grasmann