Auch der Bader war ein Handwerker
Viele Jahre Teil des heimischen Alltags ? Handwerksausstellung schließt bald
Um die medizinische Versorgung unserer Vorfahren ist es meist nicht gut bestellt. Die Fülle von Votivgaben aus den verschiedensten Wallfahrtsorten erzählt noch heute davon, dass sich Menschen bei körperlichen Leiden Heilung eher von höheren Mächten erhoffen. Akademisch ausgebildete Doktoren sind sehr dünn gesät und mangels Krankenversicherung auch nur für eine wohlhabende Oberschicht bezahlbar. So bleibt für das einfache Volk und den Mittelstand meist nur der Bader als Hoffnung der Kranken, Verwundeten und Pflegebedürftigen. Dieser Handwerkszweig ist über viele Jahrhunderte auch in Vilsbiburg nachweisbar.
Im Mittelalter macht der Beruf des Baders seinem Namen alle Ehre. Er betreibt ein Badehaus, kümmert sich um die Körperpflege seiner Kunden, schneidet Haare und Bärte. Allmählich entwickeln sich die Badeanstalten zu sozialen Treffpunkten. Es werden Speisen und Getränke gereicht, auch dem sexuellen Wohlbefinden des Publikums wird Aufmerksamkeit geschenkt. Die teilweise schlechten hygienischen Zustände und die Ausbreitung von Geschlechtskrankheiten veranlassen die Landesherren in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts viele Badestuben zu schließen. Damit wandelt sich das Berufsbild erneut. Die weiter tätigen Bader üben ihre Profession nun ?fahrend? aus: Sie ziehen von Ort zu Ort und bieten ihre Dienste vornehmlich auf Märkten an.
Schutz vor Kurpfuschern
Von nun an treibt die Obrigkeit eine weitere Sorge um: Wie kann sie die Bevölkerung vor dem Pfuschertum mangelhaft ausgebildeter Landbader und Quacksalber schützen. Eine unter König Ludwig I. im Jahr 1843 erlassene Baderordnung bringt eine klare Trennung zwischen den wissenschaftlich ausgebildeten promovierten Ärzten und den approbierten (= zugelassenen) Badern. Um die Ausbildung der Heilkundigen zu verbessern werden etwa um diese Zeit in Bayern Baderschulen eingerichtet, unter anderem auch in Landshut als Zweig der damaligen Universität. Die Befugnisse dieses Gewerbes umfassen demnach das klassische Berufsbild, wie das Haare- und Bartscheren und die Bereitung einfacher Bäder. Weiter ist es dem Bader gestattet nach Anweisung eines Arztes chirurgische Hilfsleistungen, wie das Aderlassen, Schröpfen, Ansetzen von Klistieren zu erbringen und Wunden zu versorgen. Ferner darf der Bader Zähne reinigen und ziehen, Hühneraugen schneiden, den Krankenwärterdienst verrichten, die Leichenbeschau vornehmen und bei Leichenöffnungen assistieren.
Auch die Ausbildung der Bader ist genau geregelt. Wie in vielen anderen Handwerksberufen beträgt die Lehrzeit drei Jahre. Nach bestandener Gesellenprüfung ist eine Wanderschaft vorgeschrieben; nach weiteren drei Jahren können die Meisterprüfung und ein Examen abgelegt werden. Erst dann ist dem Heilkundigen die selbständige Ausübung seines Berufes erlaubt. Im 20. Jahrhundert entwickelt sich das Handwerk des Baders einerseits zum Dentisten und andererseits in Richtung Friseur.
In Vilsbiburg ist bereits im Mittelalter eine Badeanstalt an der Vils oberhalb des Rathauses bekannt. Lambert Grasmann berichtet, man habe noch vor mehreren Jahren dort eine entsprechende Inschrift gesehen. Weiter schreibt er in dem Begleitbuch zur aktuellen Sonderausstellung über den approbierten Bader und Zahntechniker Josef Reiter. Dieser betreibt seine Praxis im Inneren Markt 6 (heute Stadtplatz 6). Reiter ist offenbar ein vielseitiger Mann. Ihm werden im Jahr 1890 nicht nur ?niedere chirurgische Verrichtungen am hiesigen Distriktskrankenhaus? im Oberen Vormarkt übertragen. Nebenbei betreibt er auch noch eine Schankwirtschaft und ein Café, das er allerdings im Jahr 1888 an den aus Kelheim stammenden Franz Xaver Vogt verkauft.