Die Sonderausstellung „mich adelt die Kunst“ ging am Dionysimarkt zu Ende

Sie gehört schon jetzt zu den am meisten beachteten Sonderschauen, die das Heimatmuseum seit fast vier Jahrzehnten regelmäßig der Öffentlichkeit präsentiert. Bezüglich des Interesses der Museumsbesucher wurde sie vielleicht nur von dem brisanten Thema „Das kriegerische 20. Jahrhundert“ übertroffen, das vor vier Jahren dem Heimatverein Rekordzahlen bescherte. Ob dies schließlich so sein wird, stellt sich aber erst am kommenden Sonntag heraus, wenn die Schleich-Ausstellung zu ihrem Endspurt ansetzt. Und wie die Zufälle so spielen: Am Tag des Dionysimarktes jährt sich exakt der Geburtstag Eduard Schleichs d. Ä., der am 14. Oktober 1812 im Haarbacher Schloss zur Welt kam, zum 200. Mal.

Was macht nun Schleich, den nicht wenige Kunsthistoriker zum Besten der Münchner Maler ausriefen, so besonders? Er hat nicht nur wunderschöne atmosphärische Landschaften gezaubert, sondern auch die Kunst ganz allgemein ein entscheidendes Stück vorangebracht. Als junger Mensch nahm er eine neue Strömung auf, die unter dem Oberbegriff „Zurück zur Natur“ daherkam und brachte sich ohne Akademieausbildung mit Hilfe vieler Kollegen, darunter auch Carl Spitzweg, das Malen vor der Natur selbst bei. Dabei wird Schleich in vielen zeitgenössischen Berichten ein ausgeprägter Fleiß attestiert. Ganz besonders saugte er die Einflüsse schon längst verstorbener Meister der niederländischen Schule auf wie ein trockener Schwamm. Und als Schleich einmal die Holländer intus hatte, war er auch nicht mehr bereit, Gebirgslandschaften zu malen. Bestenfalls blickte er noch von einem erhöhten Standort wie der Benediktenwand hinaus in die Ebene.

Vom Bergmaler zum Impressionisten

Dem Heimatverein ist es gelungen, für die Ausstellung Leihgaben aus Schleichs unterschiedlichsten Schaffensphasen zusammen zu tragen und so seine Entwicklung von den biederen Alpenbildern zu Werken im Vorfeld des Impressionismus aufzuzeigen. Zwei Beispiele machen dies deutlich: Um 1840 entstand das Gemälde ?Auf der Alm?, dessen Bildaufbau noch an die horizontale Schichtung erinnert wie sie Schleichs Kollegen im frühen 19. Jahrhunderts bevorzugten. Diese Dreiteilung ist auch bei Schleichs Bild noch zu sehen: der nahe Vordergrund mit den Kühen, die mittlere Ebene mit Bäumen und Nebel, darüber das im Sonnenlicht leuchtende Massiv. Die Ansicht zeigt aber schon eine vereinheitlichte Perspektive, ist also ?realistischer? als manchen Vorgängern. Das Leuchten des Massivs ist noch ?romantisch? und erinnert an Gemälde von Carl Rottmann, der Schleich in seinen Anfangsjahren stark beeinflusst hat.

Als Kontrapunkt dazu steht ein Bild, das ein Vierteljahrhundert später entstanden ist. Die ?Waldlandschaft mit Schafherde und Hirten? zeigt die Annäherung Schleichs an die Maler von Barbizon. Hier ist keine durch Wolkenspiele inszenierte Wetterstimmung zu sehen, wie sie für viele seiner Bilder typisch ist. Stattdessen erfolgt die volle Konzentration auf den Wald. Man sieht die für die dritte Schaffensperiode des Malers typische fast schon impressionistisch-skizzenhafte Behandlung der Bäume. Auffallend sind auch der breite Farbauftrag und der Verzicht auf jegliche Umrisslinien. Die Baumkronen übernehmen hier praktisch die Funktion, die sonst die Wolken in Schleichs Gemälden haben. Die beiden Exponate sind neben anderen in der Ausstellung im Museum zu sehen.

Hermann Uhde-Bernays, einer der führenden Kunsthistoriker der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts verglich das Verhältnis von Carl Rottmann zu Eduard Schleich d. Ä. einmal mit der Beziehung von Mozart zu Beethoven. Obwohl es sich um eine andere Sparte der Kunst handelt, hat der Autor im Grundsatz Recht. Auch Ludwig van Beethoven nahm von Wolfgang Amadeus Mozart gewisse Stilmittel auf und verwendete sie beispielsweise in seinen ersten Klavierkonzerten. Im Lauf seiner verschiedensten Schaffensphasen entwickelte er seine Kunst bis zur 9. Symphonie in ungeahnter Weise fort, um dieses Potenzial an die Nachwelt weitergeben zu können. Bevor Schleich im Januar 1874 an der Cholera starb, stand der Autodidakt an der Schwelle zur Moderne und stieß gerade noch die Tür zum Impressionismus auf, durch die dann andere Künstler wie Claude Monet und Auguste Renoir gingen. Hauptsächlich wegen dieser epochalen Leistung wird der große Sohn Haarbachs unsterblich bleiben.

Diese Gebirgslandschaft aus der Zeit um 1840 zeigt im Bildaufbau und in der Gestaltung der Gipfelzone noch frühe Einflüsse von Malerkollegen vor Schleich.
Diese Waldlandschaft dokumentiert die enorme Entwicklung des Meisters; er steht an der Tür zur Moderne und hat den Weg für die Impressionisten bereitet. (Fotos: Archiv Heimatmuseum Vilsbiburg)