Als Patres und Nonnen das Stadtleben bereicherten

Die Ausstellung ?Für Gott und die Menschen ? Ordensgemeinschaften in Vilsbiburg? im Heimatmuseum ging am 17.März 2019 zu Ende
Die Wechselausstellung ?Für Gott und die Menschen ? Ordensgemeinschaften in Vilsbiburg? des Heimatmuseums Vilsbiburg ist am Sonntag letztmals zu sehen. Zahlreiche spannende Objekte und Fotos sowie ein Filmzusammenschnitt führen durch die Geschichte aller katholischen Ordensgemeinschaften, die jemals in Vilsbiburg angesiedelt waren.
In Europa gibt es immer weniger Ordensgemeinschaften und auch die Zahl der Mitglieder sinkt beständig. Auch die Vilsbiburger Geschichte zeigt einen solchen Verlauf. Die Barmherzigen Schwestern, die Drittordensschwestern, die Kapuzinerpatres, die letzten Magdalenerinnen und zuletzt die Karmelitinnen haben ihre Niederlassungen hier aufgeben müssen. So ist heute die einst starke Präsenz der Ordensleute heute auf die drei Patres der Salesianer Don Boscos auf Maria-Hilf reduziert. Sie sind die letzten Vertreter der zehn in Vilsbiburg angesiedelten Gemeinschaften, von denen noch 1970 sieben Ordensgemeinschaften, wenn auch mit kleiner Besetzung wirkten.
Die ersten Männer im Habit traten in das Bild des noch dörflichen Vilsbiburgs als Vertreter der Pfarrgeistlichkeit. Vorangegangen war eine Schenkung der Pfarrkirche an das Benediktinerkloster in Neumarkt. Die Landshuter Herzöge, die eine traditionell enge Verbundenheit zum Kloster Neumarkt hatten, beschlossen 1273 zum wiederholten Male dem Kloster wirtschaftliche Unterstützung zukommen zu lassen. Für die Ableistung von einer wöchentlichen Messe, übernahmen die Benediktinermönche die kleine Pfarrei Vilsbiburg. Damit einher ging auch deren Arbeit als Vikare. Ihnen galt Vilsbiburg als besonders attraktiver Arbeitsplatz, denn hier wurde für die Mönche die strenge Klausur gelockert. Sie lebten mit und unter der Bevölkerung. Bis zur Säkularisation, bei der auch das Kloster Neumarkt zum Teil enteignet wurde, wirkten sie insgesamt mehr als 400 Jahre ? länger als alle anderen Ordensgemeinschaften in Vilsbiburg.
Während der Wirkungsphase der Benediktiner hatte sich jedoch schon eine zweite Ordensgemeinschaft in Vilsbiburg niedergelassen. Das 17. Jahrhundert war eins der entsetzlichsten Jahrhunderte seit Entstehung des Marktes. Zunächst wütete der Dreißigjährige Krieg, dann bedrohten die Türken in mehreren Kriegswellen Österreich und Bayern. Durchziehende Soldaten, Hunger und Pest machten ein sorgenfreies, gutes Leben in Vilsbiburg und der Region nahezu unmöglich. Angst und Not steckten den Menschen noch tief in den Knochen, als Donatus Barnabas Orelli, Kaminkehrer aus Locarno, 1686 eine Wallfahrtstätte am Berg begründete. Durch den Papst gewährte Ablässe ließen die Wallfahrer immer zahlreicher werden. Ihre seelsorgerische Betreuung übernahmen schon wenige Jahre nach Orellis Bau einer Kapelle Kapuzinerpatres aus Altötting. Die Kapuziner waren ein reformierter Orden, der sich auf die franziskanischen Wurzeln zurückbesinnen wollte und auf die Wallfahrt spezialisiert war. Auch sie wirkten mit großem Erfolg und Unterstützung der Bevölkerung bis zur Säkularisation 1803. Über 40 Jahre dauert das dann folgende Verbot aller Ordensgemeinschaften.
Erst 1846 konnte dem Wunsch der Bevölkerung nach einer Wallfahrtspflege durch Ordensleute  wieder nachgekommen werden. Es wurden Redemptoristen aus Gars dazu eingesetzt. Eine Vertreibung des Ordens in Österreich hatte zu einer umfangreichen Aufnahme dieser Mönche in Bayern geführt. Sie hatten hier einen guten Ruf. Im Rahmen ihrer hiesigen Tätigkeit bauten sie das Kloster und die Wallfahrtskirche aus. Frater Max Schmalzl übernahm die künstlerische Gestaltung von Klosterkapelle (noch erhalten) und Kirche (entfernt 1958). Doch nur 30 Jahre später wurden auch in Bayern die Redemptoristen verboten und mussten das Land verlassen. Zum 200sten Jubiläum der Wallfahrtsbegründung (1886) übernahmen schließlich wieder Kapuziner die Wallfahrtspflege und wirkten bis 1999 fort, als sie wegen Nachwuchsmangels und Überalterung aufgeben mussten. Unvergessen sind bis heute die zwei charismatischen Figuren des Pater Viktrizius Weiß und Pater Olaf Becht.

Gänzlich anderen Ursprungs und unabhängig von Seelsorge und Wallfahrt geschah die Ansiedlung der ersten Frauenorden in Vilsbiburg. 1850 war der Pfarrer Dr. Joseph Neumayer in der Pfarrei Maria Himmelfahrt neu eingesetzt worden. Sogleich stellte er fest, dass in bestimmten Bereichen des gesellschaftlichen Lebens ungute, ja sogar katastrophale Zustände herrschten, besonders in Bildung und der Krankenpflege. Er kannte all die neuen Frauenorden der Zeit, die sogenannten Kongregationen. Ein gänzlich neuer Gründungsgedanke lag hier vor. Nicht in der Suche nach Gott, sondern in der Fürsorge für die Menschen lag deren Bestimmung. Ein einfacheres Gelübde ermöglichte es den Ordensschwestern im Kontakt zur Bevölkerung zu arbeiten.
Als beispiellos kann diese Aktivität Pfarrer Dr. Neumayers gelten. Zunächst holte er die Barmherzigen Schwestern aus München. Sie übernahmen schon im Jahr 1851 die Pflege der Kranken im Krankenhaus am Oberen Markt. Einige Jahre später übernahmen sie ebenfalls die Pflege der Alten im Spital. Die Schwestern waren bis in die 1980er Jahre im Krankenhaus tätig. Immer stärker hatten sie sich professionalisiert. Sie waren auf der Säuglingsstation tätig, führten die Äthernarkosen im OP durch, kochten und pflegten ? und dies fast rund um die Uhr. Als die letzten barmherzigen Schwestern 1988 ihre Tätigkeit in Vilsbiburg aufgaben, mussten sie durch eineinhalb weltliche Schwestern ersetzt werden.
Ebenfalls aus dem Münchner Mutterkloster kamen auf Initiative Pfarrer Dr. Neumayers zwei Arme Schulschwestern nach Vilsbiburg und arbeiteten als Lehrerinnen in der neu gegründeten Mädchenschule. Denn die Schulbildung, vor allem die der jungen Mädchen war in sehr schlechtem Zustand. Zwei Klassen, ein Kindergarten und ein Internat wurden von den selbst noch sehr jungen Kandidatinnen im Kirchenweg 1 versorgt. Bis zur Auflösung der Volksschule in der Nachkriegszeit wurden fortan alle der jungen Vilsbiburgerinnen durch die Schwestern unterrichtet und auf das Leben vorbereitet. Noch gibt es Schuljahrgänge, die ausschließlich von den Schwestern unterrichtet wurden. Mit der Gründung der Hauptschule im Schuljahr 1969/1970 wurden die Klassen zweigeschlechtlich unterrichtet. Auch hier gehörten die Schwestern ? nun allerdings im Kollegium mit weltlichen Lehrkräften ? zum Personal. Erst 1980 mussten sie den Schulbetrieb endgültig verlassen, da sie keine Nachwuchskräfte mehr gewinnen konnten.
Auch die letzten, im 19. Jahrhundert nach Vilsbiburg gekommenen Ordensfrauen kamen auf Geheiß des rührigen Pfarrers. Es waren dies die Franziskanerinnen, die sich im St. Johannisheim um die Waisenkinder kümmerten.
Die Welle der weiblichen Ordensgründungen setzte sich auch im 20. Jahrhundert fort. 1904 kaufte die Schwesternschaft der unbeschuhten Karmelitinnen in Himmelspforten das ehemalige Kapuzinerkloster gegenüber dem Krankenhaus. Dieses war im Privatbesitz des Lebzelters Christoph Lechner und durch einen langen Leerstand sehr sanierungsbedürftig. Nach schwierigen Verhandlungen mit dem Pater Provinzial aus Regensburg ging der Kauf für 30.000 Mark von statten. Die Karmelitinnen lebten dort ab 1906 in strenger Klausur bis 2017, zeitweise mit bis zu 17 Schwestern. Sie arbeiteten hart, fertigten beispielsweise liturgische Gewänder und buken seit 1938 Hostien, mit denen sie viele bayerische Pfarreien versorgten, seit einer Neuausstattung der Backstube 1987 versorgten sie etwa 400 Pfarreien in ganz Bayern mit sieben Millionen Hostien jährlich.
Die Drittordensschwestern waren ein Verein für ambulante Krankenpflege, der sich 1908 auch in Vilsbiburg gründete. Noch im gleichen Jahr zählte er mehr als 200 Mitglieder, die einen Jahresbeitrag zahlten und bei Inanspruchnahme einer Tages- oder Nachtpflege ein geringes Aufgeld. Anders als heute, kannten die Schwestern kein klar abgegrenztes Aufgabenspektrum und Zeitkontingent. Sie arbeiteten für die Menschen und auch für deren Angehörige. Besonders gut in Erinnerung geblieben sind der Bevölkerung Vilsbiburgs die letzten Schwestern um Schwester Sophronia, die weithin bekannt war für ihr hellblaues Moped.
Zuletzt siedelten sich die Magdalenerinnen in Seyboldsdorf an. Sie waren vor den Kriegshandlungen des Zweiten Weltkriegs aus ihrem Mutterkloster, der einzigen seit der Reformation über gebliebenen Klosters, vertrieben und in ganz Bayern verstreut worden. Nach Ende des Krieges fanden sie im Schloss, ein neues Heim. Dem Orden der Magdalenerinnen ist Müßiggang verboten. Dies führte zu einem Umfang an wohltätigen Taten, der den Seyboldsdorfern bis heute in guter Erinnerung ist. Sie betrieben nicht nur eine Landwirtschaft zur Selbstversorgung, sondern betreuten auch ein kleines Altenheim und schufen, mit ihren ungezählten Auftragsarbeiten für Stickereien ein bis heute erlebbares Erbe.
Heute gibt es nur noch eine Ordensgemeinschaft in Vilsbiburg. Die Salesianer Don Boscos, die im Jahr 2005 in Vilsbiburg die Betreuung der Wallfahrt übernahmen. Alle anderen Ordensleute wurden zwangsweise und plötzlich durch Kriege oder Gesetze vertrieben. Seit etwa 50 Jahren werden lösen sie sich jedoch durch die Überalterung und den Nachwuchsmangel auf. Die Arbeit der Kongregationen musste durch weltliche Kräfte und Institutionen ersetzt werden.
Annika Jansen

1953 arme Schulschwestern
Schwester M. Idwina am Röntgengerät