Der Waschtag als wöchentlicher Kraftakt

Kaum etwas hat sich seit 60 Jahren so verändert wie das Reinigen der Wäsche

 

Saubere Wäsche war früher und ist wie heute das Bestreben einer jeden Hausfrau. Das ist über viele Jahrzehnte gleich geblieben. Stark verändert hat sich jedoch der Weg dahin. Besonders viel Arbeit gab es auf den Bauernhöfen. Zwar trug man früher die Kleidungsstücke etwas länger als heute. Doch waren in der Landwirtschaft wesentlich mehr Menschen tätig. Während es heute damit getan ist, den Vollautomaten zu füllen und das richtige Programm einzustellen, lag noch in den ersten Nachkriegsjahren vor der weißen Wäsche im Schrank ein kräftezehrender Arbeitstag. In aller Regel war dies der Montag; doch die Arbeit begann bereits am Vorabend.

 

Am Sonntag wurde die Wäsche in Holzzubern oder verzinkten Wannen mit Soda eingeweicht. Am nächsten Morgen stiegen schon zu nachtschlafender Zeit dicke Dampfwolken aus der Waschküche. Unter dem großen Waschkessel hatte die Hausfrau ein Feuer entfacht und damit große Mengen Wasser erhitzt. Die Wäsche wurde gekocht und dann mit verschiedenen Hilfsmitteln von Hand bearbeitet. Hier leistete das Waschbrett, auch Rubbel genannt, gute Dienste. Wer es sich leisten konnte, verwendete für empfindliche Wäschestücke Kern- oder Schmierseife. Da diese aber recht teuer waren, wurde vorrangig mit Soda gewaschen, was die Hände der Wäscherin sehr stark auslaugte. Zum Ausspülen der Wäsche ging man vielfach noch an den Bach oder, wie in Vilsbiburg, auf eines der Waschflöße an der Vils.

 

Namensgeber für die Floßgasse

 

Große Waschflöße gab es noch vor einigen Jahrzehnten am Ende der Floßgasse; dort wo man heute den Fluss auf einem Steg überquert. Ein weiteres befand sich unmittelbar neben der Pfarrbrücke in Höhe des heutigen Wohnhauses Bauer und ein drittes beim Gelände der damaligen Brauerei Haslbeck. Mehrere kleinere Plattformen säumten den Vilsarm am Mühlenweg. Die Waschflöße erfüllten nicht nur in der warmen Jahreszeit ihren Zweck. Sobald der Fluss zugefroren war dienten sie als Stützpunkte für Eisstockschützen, Schlittschuhläufer und die ?Eiser?. Dies waren jene Männer, die in mühevoller Arbeit das Gefrorene von der Wasseroberfläche sägten, um es als Kühlmaterial in die Bierkeller zu bringen.

 

Am Ufer der Vils war der Waschtag aber noch nicht zu Ende. Sehr anstrengend war auch das Auswinden der Wäsche. Weißwäsche und Stücke mit schwer entfernbaren Verschmutzungen wurde oft anschließend noch im Sonnenlicht gebleicht, also auf der ?Bleiche?, einer besonders gepflegten Wiese, ausgelegt und mehrfach mit der Gießkanne begossen. Unter Einwirkung des Sonnenlichts entwickelt das Gras Bleichsauerstoff. In den 1950er Jahren kamen die ersten modernen Vollwaschmittel auf den Markt. Die Preise für diese neuen Produkte waren aber anfangs noch derart hoch, dass sich nur wenige Hausfrauen diese leisteten. Ihnen blieb das langwierige Schrubben und Bürsten der Wäsche noch nicht erspart. Erst rund 20 Jahre später kamen die ersten Trommelwaschmaschinen auf den Markt.

 

Das Reinigen der Wäsche steht stellvertretend für viele Bereiche des täglichen Lebens, die sich in der Periode von 1948 bis 1968 grundlegend geändert haben. Einen ausführlichen Einblick in diese spannende Zeit des Umbruchs gibt die aktuelle Sonderausstellung im Heimatmuseum, aber auch speziell zum Waschen zusätzlich zwei Vitrinen in der Abteilung ?Arbeit und Handwerk?.

 

 

 

 

 

Das Floß war Namensgeberin der Gasse, auf der die Frauen mit Schubkarren oder Leiterwagen die Wäsche zum Spülen brachen und rechts am Zaun zum Trocknen aufhängten.
Es sieht fast aus, als würden die Frauen zu einer fröhlichen Floßfahrt ablegen. In Wirklichkeit erlebten sie hier am Pfarrbrückenweg einen anstrengenden Arbeitstag.
Wegen der zahlreichen Plattformen am Vilsufer beim Mühlenweg nannte der Volksmund diesen Stadtteil auch ?Klein-Venedig?.
Noch im Jahr 1958 holten sich Rita Hofstetter und Johanna Spitlberger auf dem Waschfloß feuchte Füße. (Fotos: Archiv Heimatmuseum Vilsbiburg)
Zahlreiche Utensilien, die man früher zum Waschen benötigte, zeigt das Heimatmuseum in einer gesonderten Vitrine.
Seifenpulver, Soda und Kernseife zur wöchentlichen Wäsche kauften die Hausfrauen direkt beim Seifensieder Benedikt Auer in der Oberen Stadt.