Der Stein von Buja begründete die Partnerschaft

Der Stein von Buja begründete die Partnerschaft

Heimatmuseum zeigt umfangreiche Dauerausstellung über das Ziegelhandwerk

Vilsbiburg. Es ist wie immer, wenn eine große Sonderausstellung zu Ende gegangen ist und die Vorbereitungen für eine neue auf vollen Touren laufen. In diesem Zwischenraum müssen die Museumsbesucher ihren Fokus auf die übrigen rund 900 Quadratmeter umfassenden Ausstellungsflächen richten und werden feststellen, dass hier noch viele unentdeckte Kostbarkeiten schlummern. Das gilt besonders für die Abteilung „Ziegelpatscher und Ziegelbrenner im Vilsbiburger Land“, die räumlich so weit entfernt vom Eingang untergebracht ist, dass manche Gruppen ihren Rundgang schon vorher wegen Zeitnot beenden. Doch im III. Obergeschoss des ehemaligen Spitalgebäudes kann man nicht nur den spannenden Wirtschaftskrimi eines knallharten Gewerbes erleben, es sind die Wurzeln der höchst lebendigen Städtepartnerschaft zwischen Buja und Vilsbiburg zu besichtigen. Und vor allem der „Stein des Anstoßes“, der zu dieser internationalen Freundschaft geführt hat.

„BUIA SANTI ANGELO STANSTI“ lautet der Schriftzug auf einer Ziegelplatte, der irgendwann vor mehr als 30 Jahren im Heimatmuseum für Kopfzerbrechen sorgte. Der Stein kam aus dem Bereich der Gemeinde Bodenkirchen, wo er in einem landwirtschaftlichen Anwesen über Jahrzehnte Teil des Fußbodens in der bäuerlichen Stube war. Es war dem damaligen Beiratsmitglied Dr. Fritz Markmiller vorbehalten, neben dem Namenszug, der mit großer Wahrscheinlichkeit auf einen italienischen Ziegelarbeiter hindeutet, die Ortsbezeichnung „Buia“ mit einer Kommune in der Provinz Friaul nahe der Großstadt Udine in Verbindung zu bringen. Der Dingolfinger Kreisheimatpfleger wusste auch von Arbeitern zu berichten, die im späten 19. Jahrhundert und bis zum I. Weltkrieg Jahr für Jahr den weiten Weg nach Bayern auf sich nahmen, um hier den Sommer über in einer der zahlreichen Ziegeleien ihr karges Brot zu verdienen.

Da traf es sich gut, dass sich zum ersten großen Schülertreffen im Jahr 1979 auch ein steinalter Italiener und gleichzeitig geborener Vilsbiburger eingefunden hatte. Dr. Domenico Calligaro war 1890 nahe dem Vilsufer zur Welt gekommen und mehrere Jahre in dem kleinen Marktflecken in den Kindergarten und zur Schule gegangen. Beweisen konnte er dies durch ein gar nicht so schlechtes Zeugnis aus der hiesigen Bildungsstätte. Es erwies sich als sehr günstig, dass Lambert Grasmann, schon damals Leiter des Heimatmuseums, diese Stecknadel im Heuhaufen der rund 3.000  ehemaligen Schüler fand. Der alte Herr konnte nämlich viel von seinem Vater Luigi Calligaro erzählen, der lange als Ziegelakkordant tätig war. Heute würde man ihn wohl als Inhaber einer Leiharbeitsfirma bezeichnen. Der Akkordant warb in seiner Heimat Arbeiter an, die er in Vilsbiburg und anderen Orten an die Besitzer der Ziegeleien vermietete. Und somit kannte Calligaro die beiden Seiten der Medaille: den Grund, warum die stolzen Italiener ihre Heimat verließen und die besonderen Arbeitsbedingungen, die sie jenseits der Alpen vorfanden.

Der Rest ist schnell erzählt: Noch im Jahr des Schülertreffens besuchte Grasmann Dr. Domenico Calligaro in Buja und kehrte mit vielen wertvollen Informationen nach Hause zurück. Mit der Zeit reifte die Idee, diesen interessanten Aspekt der Arbeits- und Sozialgeschichte in einer Sonderausstellung zu präsentieren, die dann im Jahr 1997 realisiert wurde. Für weitere Recherchen und die Einholung von Leihgaben reiste Lambert Grasmann zusammen mit Franz Grötzinger ein weiteres Mal nach Oberitalien. Zur Eröffnung der Sonderschau kamen erstmals Gäste aus dem Friaul in das Heimatmuseum. Es entwickelten sich enge Kontakte, die in Gegenbesuche und schließlich in eine Städtepartnerschaft mündeten, die auf einer gemeinsamen Historie basiert. So war denn ein eher unscheinbarer Stein mit einer etwas ungelenken Inschrift der Anstoß für die völkerverbindende Freundschaft zwischen Buja und Vilsbiburg.
Veröffentlicht in der Vilsbiburger Zeitung am 7. März 2012.


Ein italienischer Ziegelarbeiter wollte offenbar seinen Namen und den Herkunftsort der Nachwelt mitteilen. Geführt hat dies zu der Städtepartnerschaft zwischen Buja und Vilsbiburg.