Vorher-nachher, früher-später, vergleichende Blicke auf das Gesicht der Stadt

In Zusammenarbeit mit dem Vilsbiburger Fotostammtisch an der VHS zeigt das Heimatmuseum in seinem Schaufenster am Stadtplatz Fotografien der Stadt früher und heute.

Alle haben es wohl schon erlebt, die manchmal erschreckende Erkenntnis beim Vergleichen alter und neuer Passbilder: Ist man tatsächlich so viel älter geworden? Sind die Jahre doch nicht ganz spurlos an einem vorüber gegangen? Man selbst nimmt die Veränderungen im Alltag oft gar nicht so bewusst wahr, die Umgebung registriert diese aber schon …

Für nicht wenige reift mit diesen Beobachtungen der Wunsch nach kosmetischen Verbesserungen.

Ähnliches geschieht im Gesicht einer Stadt: Das wird Jahr für Jahr jünger, moderner, glatter, Spuren der Vergangenheit werden seltener. Allerdings sind die Eingriffe ins Stadtbild, wie bei manchen Schönheitsoperationen am Menschen, beileibe nicht immer erfolgreich, der kosmetische Eingriff bringt ungewollte neue ästhetische Probleme mit sich. Um im Bild zu bleiben: die aufgepolsterten Lippen wirken puppenhaft, die gehobenen Lider starr und das gestraffte Gesicht eher maskenhaft. Runzeln und Falten mögen verschwunden sein, mit ihnen aber auch die Geschichten, die das Leben eingeschrieben hat. Das, was uns individuell macht, das, was andere an uns kennen und mögen, verschwindet gleich mit.

So ergeht es nicht selten auch dem Gesicht der Stadt. Manche Lücke wird rasch überbrückt, mancher Erker verkleinert oder verschwindet ganz, manche Falten und Grübchen werden mit zu viel Make-Up überdeckt – dabei ist oft besonders das Ungerade, das Gewachsene, das Gewordene liebenswert und individuell, etwas, was uns wiedererkennbar sein lässt, vertraut ist, was uns einzigartig macht. Mit dem Verlust der „Grübchen“ geht oft der Verlust der Stadtgeschichte einher. Die Beispiele für missglückte „Schönheitsoperationen“ am Gesicht unserer Städte sind zahlreich, umso wichtiger ist es, die Veränderungen bewusst wahrzunehmen und zu vergleichen. Nicht alles, was früher war, ist automatisch besser, aber auch nicht alles, was neu ist.

Die Fotografen Andreas Geißer und Christian Weinmann, Mitglieder beim Vilsbiburger Fotostammtisch der VHS, haben deshalb neue „Passbilder“ der Stadt angefertigt, angeregt durch die Sonderausstellung im Heimatmuseum zur Fotografiegeschichte in Vilsbiburg. Als Grundlage dienten ihnen dabei zum Teil über 100 Jahre alte Originalaufnahmen aus dem Archiv des Heimatvereins. Die beiden Fotokünstler nahmen jeweils die exakt gleiche Aufnahmeposition der historischen Fotografen ein, erstellten, nun mit den modernen Mitteln der digitalen Farbfotografie, neue Ansichten vom Gesicht der Stadt und legten diese mit einer speziellen Verlaufstechnik über die alten Aufnahmen. Es entstanden so Werke, die die Veränderungen durch die Zeit in sich tragen und reizvolle Blicke auf die gewandelten Lebensweisen, Freizeit- und Mobilitätsgewohnheiten zulassen.

Wer sich nun selbst ein Bild machen möchte von diesem „Passbilder-Vergleich“, von Veränderungen aus Jahrzehnten der Stadtgeschichte, der kann dies mit Hilfe des Schaufensters des Heimatmuseums am Stadtplatz 39 jederzeit tun.

Nur was man bewusst wahrnimmt, kann man bewerten, kritisieren oder schätzen. Der Vergleich kann dabei helfen.