Georg Zettl-letzter Hafner auf dem Kröning

Den Handscherm war beim Uiderl bis zuletzt griffbereit
Die Geschichte der Familie Zettl in Bödldorf steht für die letzte Phase der Kröninger Hafnerkeramik.
Das Vilsbiburger Heimatmuseum – Kröninger Hafnermuseum – besitzt die größte Sammlung  Kröninger Hafnerkeramik, deren Grundstock bereits Bartholomäus Spirkner, Pfarrer in Kirchberg (1908-1919) mit einer Schenkung im Jahr 1915 legte. Zum Bestand zählen heute nicht nur die qualitätvollen, in ihren Formen wohl proportionierten und farbenfreudigen Gebrauchsgeschirre und Sonderformen, sondern auch technische Keramik, Ofenkacheln, Model, Arbeitsgeräte und Fotos. Der Kröning, einst das größte Hafnerzentrum Bayerns, ist bei Volkskundlern, Sammlern und Museumsleuten durch zahlreiche Veröffentlichungen längst in das Gesichtsfeld der Öffentlichkeit getreten. Eine Initialzündung dazu erbrachte die 1968 im Bayerischen Nationalmuseum in München veranstaltete Sonderausstellung „Hafnergeschirr aus Altbayern“ und in der Folge davon die im Vilsbiburger Heimatmuseum 1977 eröffnete Sonderschau „Kröninger Hafnerware“. Gerade zur letzt genannten Ausstellung in Vilsbiburg hat Museumsleiter Lambert Grasmann noch viele Informationen von noch lebenden Hafnern abrufen, ja sogar auf Tonband festhalten und in das heute als Standardwerk zum Kröning verfasste Buch „Kröninger Hafnerei“ einfließen lassen können. Damit sind viele Einzelheiten, wie Geschirrbezeichnungen, Details aus der Arbeitswelt, dem Vertrieb der Ware und aus dem Alltag akustisch auf unsere Zeit gekommen. Befragt werden konnten noch Lorenz Westenthanner aus Pattendorf und Alois Kaspar aus Onersdorf. Hauptinformanten jedoch waren die Brüder Benno (1900-1980) und Georg Zettl (1905-1990) aus Bödldorf, wobei Benno bereits mit 16 Jahren aus dem Berufsleben ausschied. Der Grund lag darin, dass der bis dahin die Landwirtschaft besorgende Onkel Michael Zettl nicht mehr zur Verfügung stand. Kommentar der Brüder Zettl: „Der Vater verstand nichts von der Landwirtschaft“. Georg Zettl arbeitete im Gegensatz zu seinem Bruder noch länger in der elterlichen Hafnerei. Nachdem 1928 der Betrieb auf dem „Uiderl-Anwesen“ eingestellt worden war, fand er nun ausschließlich auf dem elterlichen Hof in der Landwirtschaft Beschäftigung. 1940 wurde er zum Kriegsdienst eingezogen. 1945 aus der Kriegsgefangenschaft entlassen, kehrte er wieder zu seiner früheren Arbeit auf den Hof in Bödldorf zurück.

 

Georg Zettl fühlte sich zeitlebens der Hafnerei verbunden. Das mag auch damit zusammenhängen, dass die Familie Zettl vor dem Zweiten Weltkrieg Kontakte zur Keramischen Fachschule in Landshut pflegte und Schüler und Lehrer (z. B. Eugen Kiechle) die ehemalige Werkstatt besuchten. Noch in den 1960er Jahren hat sich Georg Zettl zu bestimmten Anlässen mit Drehscheibe und Arbeitsgerät vor das Haus begeben, um dort das Drehen einfacher Gefäße vorzuführen. Kleinwerkzeug, wie „Haferldraht“, Schiene, „Wehreisl“ (Abdrehschiene), „Handscherm“ (Topf zum Befeuchten der Hände) hatte er bis zu seinem Tod an einem bestimmten Platz im Haus „griffbereit“ aufbewahrt.

 

Nach dem Tod seines Bruders Benno 1980 war er weiterhin ein geduldiger Informant. Eine Anregung Grasmanns aufnehmend hat er dann, eine eigenhändig geschriebene, sechsseitige Schilderung von Arbeitsabläufen in der elterlichen Hafnerei verfasst. Je ein Exemplar übergab er 1985 in „pädagogischer“ Absicht als „Lehrmittel“ der Schule in Kirchberg und dem Vilsbiburger Heimatmuseum.

 

Mit seinen Geschwistern Benno, Sophie und Therese hat er sporadisch das Vilsbiburger Heimatmuseum mit sowohl in der Hafnerwerkstatt hergestellten Gegenständen, als auch mit Dingen des täglichen Gebrauchs bedacht. Dieser Schenkungspraxis ist es auch dann zu verdanken, dass vom 5. Mai bis 2. Dezember 1990 eine Sonderausstellung über die „Uiderl“-Werkstatt zustande kommen konnte.

 

Als  der „letzte Kröninger Hafner“ starb Georg Zettl in seiner gewohnten Umgebung plötzlich und unerwartet am 28. Januar 1990. Es war ihm nicht mehr gegönnt „seine“ Ausstellung zu erleben.

 

Die Fotografie zeigt die Familie Zettl vor ihrem als Einzeldenkmal in der Bayerischen Denkmalliste geführten Anwesen in Bödldorf Nr. 4, Gde. Kröning, das als Haustyp in die Kategorie „Wohn-/Stadel-/Stallhaus“ eingestuft ist.
Auf der gepflasterten „Gret“, die Ziegelsteine sind stehend senkrecht zur Hauswand ausgerichtet, haben sich die Familienmitglieder dem Fotografen gestellt. Der äußere Anlass dürfte der Weggang vom Elternhaus der Tochter bzw. Schwester Franziska Zettl gewesen sein, die am 26. Mai 1933 nach ihrer Profess als Schwester M. Bennonia in das Kloster St. Maria der Dominikanerinnen in Niederviehbach aufgenommen wurde. Vorne links am Tisch sitzt die aus Großbettenrain gebürtige Mutter Maria Zettl, geb. Schindlbeck (1869-1937), gegenüber der Vater Hafnermeister Benno Zettl II (1859-1946). Stehend von links sind abgelichtet Georg, (1905-1990), Therese (1904-1986), Maria (1899-1974), Franziska (1902-1979), Sophie (1909-1983) und Benno III Zettl (1900-1980). Zum Wohnhaus ist noch zu bemerken, dass das Erdgeschoß des sonst in Holzblockbauweise errichteten Anwesens 1930 eingemauert wurde und die Fenster eine Vergrößerung erfuhren. Im selben Jahr hat man auch den Geschirrbrennofen abgebrochen und in zwei Räume unterteilt, die dann als Nähwerkstatt für Sophie Zettl und als Futterkammer genutzt wurden.
Bödldorf steht in diesem Jahr am 10. September im Mittelpunkt beim Tag des offenen Denkmal. Um 10 und 14 Uhr finden Führungen durch den alten Hafnerort statt.

Lambert Grasmann
Zu einem Videobeitrag des BR vom Januar 2017