Geschirr für das ?Stille-Nacht-Land?

Reger Handel noch um 1900 ? Letztes langes Wochenende der Sonderausstellung

 

Vilsbiburg. Der Krämer Alois Sauseng in Oberndorf bei Österreich hat das Geschirr per Hundert zu 8 fl. die kleinen Wdlg. per Dzt. zu 50 kr die großen Wdlg. zu 70 kr. Der Hafnermeister Berghofer aus Spielberg in der damaligen Gemeinde Dirnaich hat uns einen etwas rätselhaften Satz hinterlassen, den zu deuten es sich durchaus lohnt: Einer seiner 34 Stammkunden ist ein Einzelhändler in dem Ort wo im Jahr 1818 erstmals das weltbekannte Weihnachtslied ?Stille Nacht ?? erklingt. All seine Wiederkäufer und die mit ihnen vereinbarten Lieferbedingungen hat Berghofer um das Jahr 1900 in seinem Einschreibbuch aufgelistet. Dem Alois Sauseng wird die Keramikware in Partien zu 100 Stück geliefert, wobei nicht nach Tellern, Schüsseln oder Krügen unterschieden wird. Das Hundert kostet immer acht Gulden, eine Währung, die schon seit den Zeiten des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nationen internationale Geltung besitzt.  Die Abkürzung fl steht für den französischen Begriff Florin. Ein solcher Gulden wird in Süddeutschland in 60 Kreuzer unterteilt und so ist offensichtlich der Preis für die Weidlinge vereinbart. Wenn der Händler aus dem Salzburger Land das Dutzend der kleinen Schüsseln für das Aufstellen der Milch um weniger als einen Gulden erhält zeigt dies: Hier handelt es sich um einen Massenartikel, der erst mit der Erfindung der Milchzentrifuge seine besondere Bedeutung verliert.

 

Die Berghoferischen aus Spielberg sind ein Hafnergeschlecht, deren Geschichte Lambert Grasmann über Jahrhunderte hinweg verfolgt hat. Es existiert ein alter Kalender in dem die Geschirrlieferungen der Jahre 1899 bis 1908 aufgelistet sind. Obwohl Eintragungen manche sehr verwischt und unleserlich sind, kommen doch weit über 100 Transaktionen zusammen. Dabei fällt auf, dass die Absatzgebiete sich mehr auf den südostoberbayerischen Raum und das angrenzende Salzburger Land konzentrieren. Dort hat der Hanshafner, wie er landläufig genannt wird, offenbar sein Auskommen und sieht keine Notwendigkeit, die weiten und gefahrvollen Reisen nach Nord- oder Südtirol auf sich zu nehmen. In der langen Liste der Eintragungen finden sich Orte wie Altötting, Kraiburg, Wiesmühl, Tittmoning und Burghausen.

 

Interessant ist bei einigen Lieferungen der Zusatz einer Wagennummer. Es ist bekannt, dass die Hafner im Binatal nach Eröffnung der Eisenbahnstrecke Mühldorf ? Plattling durchaus die Möglichkeit der Verladung am Bahnhof in Gangkofen nützen, so wie es die Kröninger Hafner in Wörth an der Isar tun. Im Gegenzug trägt das neue Transportmittel auf Schienen aber auch zum Niedergang des Hafnerhandwerks bei. Die vollständige Liste der Notizen des Hanshafners und viele andere neue Forschungsergebnisse sind in der Vilsbiburger Museumsschrift Nr. 15 enthalten.

Es waren einfache aber durchaus gefällige niederbayerische Bauernhäuser in denen die Hafner auf dem Kröning und an der Bina arbeiteten. Hier das Anwesen des Hanshafner in Spielberg im Jahr 1975. (Foto: Archiv Heimatmuseum Vilsbiburg